Junges Tanzhaus: Anfang oder Ende?
Verein „TanzZeit“ kann seine Arbeit an der Lucy-Lamek-Straße nicht wie geplant aufnehmen
Erst kam die freudige Nachricht für den Verein „TanzZeit“: Er hatte die Ausschreibung der Kultursenats für das ehemalige Oyoun in der Lucy-Lamek-Straße 32 gewonnen. Doch die schlechte folgte sogleich. Die Finanzierung fürs geplante „Junge Tanzhaus Berlin“ ist dem Rotstift zum Opfer gefallen.
„Bevor die Senatsverwaltung überhaupt das Ergebnis der Ausschreibung veröffentlichen konnte, überschlugen sich die Ereignisse“, sagt Gesa Rindermann von „TanzZeit“. Die sogenannte Konsolidierungsliste des Senats mit vorgesehenen Streichungen wurde bekannt. „Da haben wir erfahren, dass die Mittel für den Standort komplett auf null gesetzt sind“, so Rindermann.
Dabei sollte es schon Anfang kommenden Jahres in dem ehemaligen Brauereigebäude an der Hasenheide losgehen. Das Konzept: Das Junge Tanzhaus Berlin will nicht nur eine Bühne für Tanzproduktionen bieten, sondern auch ein Ort für Bildung und soziale Teilhabe sein – in seiner Art einmalig in Deutschland. Kinder und Jugendliche sollen selbst tanzen, aber auch Tanz erleben.
Der Verein hat auf beiden Gebieten seit langer Zeit Erfahrungen. Einerseits bietet er schon 20 Jahre lang „Tanz in der Schule“ für Schulklassen auch in Neukölln an. Dazu gehört das jährliche Festival „Alles tanzt“, bei dem die Kinder auf der Bühne stehen und zeigen, was sie gelernt haben. Andererseits produziert und zeigt der Verein Tanzstücke mit erwachsenen Profis für junges Publikum und bietet Qualifizierungen an.
„Das alles würden wir ins neue Tanzhaus mitbringen, aber wir wollen auch neue Formate und Projekte anbieten“, so Rindermann. Um die Kinder und Jugendlichen wirklich zu erreichen, sei geplant, noch intensiver mit Akteuren, Initiativen und Netzwerken im Bezirk zusammenzuarbeiten. Kern der Arbeit seien dabei immer der Teilhabegedanke und die Idee, jungen Menschen neue Zugänge zu eröffnen.
Doch nun sind die Vereinsmitglieder erst einmal ausgebremst. Gesa Rindermann bezeichnet die Mittelstreichung als paradox und unwirtschaftlich. „Auch leer stehend kostet das Gebäude jährlich über eine halbe Million Euro – ohne den Mehrwert, den das Tanzhaus für Kinder und Jugendliche, den Bezirk, die Berliner und die bundesweite Tanzszene schaffen könnte“, sagt sie. Wie es nun weitergeht, ist unklar. Wenn jetzt kein Geld fließe, nicht einmal eine geringere Summe als vorgesehen, werde in den nächsten Monaten und voraussichtlich auch in den nächsten Jahren nichts passieren. An die Aufgabe des Standorts denke der Verein allerdings derzeit nicht. „Aber wenn es bei der Null bleibt, müssen wir weitersehen und verhandeln. Wir können im Moment nur Schritt für Schritt gehen“, Rindermann.
Kulturell genutzt wird das denkmalgeschützte Gebäude übrigens seit 1993. Damals zog dort die Werkstatt der Kulturen ein. Nach einer Neuausschreibung übernahm im Frühjahr 2020 der Träger „Kultur NeuDenken“ (KND) die Einrichtung und nannte sie Oyoun. Im vergangenen Jahr strich der Senat die Fördermittel. Hintergrund waren Antisemitismusvorwürfe gegen das Oyoun. Zum Ende dieses Jahres wurde KND gekündigt.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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