Altes Handwerk im vierten Hinterhof
Neukölln. Vom Hauptstadtbetrieb ist hier nichts mehr zu spüren: Im vierten Hinterhof des Hauses Karl-Marx-Straße 26 betreibt Ludger Sporkmann seine Messerschleiferei in einer ehemaligen Remise.
Schraubzwingen, Zangen in allen Größen, Schraubenschlüssel, Hämmer und große Polierscheiben hängen an den Wänden, die Luft ist staubig und feucht, und es wird geschliffen, dass die Funken fliegen. Eine Werkstatt wie aus dem Bilderbuch.
Vor zehn Jahren ist der Schlossermeister aus dem Münsterland nach Berlin gekommen. Damals war er um die 50, und er wollte sich die Arbeit etwas einfacher machen. Im heimatlichen Betrieb gab es Aufgaben zu bewältigen wie das Schleifen von riesigen Papierschneidemaschinen, das sollte künftig der Sohn in die Hand nehmen.
Seine Neuköllner Vorgängerin Rita Neumann, deren Namen die Schleiferei auch heute noch trägt, hatte er über den Fachverband kennengelernt. „Ihre Werkstatt fand ich interessant, etwas anderes habe ich bei der ersten Besichtigung gar nicht wahrgenommen. Außerdem konnte ich sofort im selben Haus eine Wohnung mieten“, erinnert sich Sporkmann. Also siedelte er über, ohne Familie, ohne Freunde, und machte einen Neuanfang.
Inzwischen lebt er am Richardplatz. Auch das hat er einem persönlichen Kontakt zu verdanken: „Eine Kundin bat mich darum, eine schmiedeeiserne Lampe an ihrem Haus zu reparieren. Ich fragte sie nach einer Wohnung, und es hat auf Anhieb geklappt“, sagt er.
Ludger Sporkmanns Handwerk ist selten geworden. Und er schleift nicht nur Messer, sondern auch Scheren, sogar Nagelscheren, Gartengeräte, Kettensägen, Fleischwolfteile und, und, und. Er ersetzt Messergriffe, repariert kleine Haushaltsgeräte und nimmt Heckenscheren fachmännisch auseinander.
Absolutes Feingefühl
Für seine Arbeit braucht er eine ruhige Hand, gutes Augenmaß, Feingefühl und natürlich das Wissen um den richtigen Grund- und Feinschliff. Ein Brotmesser zu schärfen, sei beispielsweise eine absolute Präzisionssache. Und wer glaubt, Stahl sei gleich Stahl, der irrt. „Harter Stahl darf zum Beispiel nicht zu heiß werden“, sagt er.
Aber kann nicht jedermann sein Messer selbst schärfen? Klar, sagt Sporkmann, wenn ein Koch zum Abziehstahl greift, sei das sinnvoll. Aber irgendwann gehe dabei die konische Form des Messers verloren – es werde zu dick. „Dann braucht es einen neuen Grundschliff.“ Die Konkurrenz von mobilen Schleifern, die zum Beispiel auf Märkten unterwegs sind, fürchtet er nicht: „Sie bringen keine großen Maschinen mit und können nicht so genau arbeiten wie ich.“ Ludger Sporkmann mag seine Arbeit und bleibt auch oft nach dem regulären Feierabend. Doch manchmal muss auch er raus aus seiner kleinen Werkstatt. Dann setzt er sich auf sein schweres Motorrad und gibt Gas. sus
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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