Zum Interview aufs Dach
Bloß keine Höhenangst – aus dem Alltag einer Schornsteinfegerin
Ich bin viel in Berlin unterwegs, entdecke tolle Orte und treffe Leute mit spannenden, lustigen und manchmal auch traurigen Geschichten. Ab jetzt bekomme ich von Zeit zu Zeit mehr Platz in der Zeitung, um Euch diese zu erzählen. Das sind Geschichten wie die von Jessica Baschin, Schornsteinfegermeisterin…
Dass Jessica nun schon seit 26 Jahren als Schornsteinfegerin arbeitet, war ein Zufall. „Nach der Schule wusste ich erst mal nicht, was ich machen soll“, erzählt sie mir. Ein Schornsteinfeger, den sie kannte, schlug ihr seinen Beruf vor, aber nur, wenn sie keine Höhenangst habe. Das ist fürs Schornsteinfegen nämlich eine Grundvoraussetzung.
In großen Städten wie Berlin sind die meisten Häuser riesig. Wer sich so weit weg vom Boden sicher auf den Dächern bewegen will, der darf nicht ständig vor Angst schlottern. Für Jessica war Höhe nie ein Problem. Im Gegenteil: Manchmal hält sie nach getaner Arbeit kurz inne und genießt die Aussicht. Den Himmel direkt über sich zu haben – das mag sie mit am meisten an ihrem Beruf.
Ganz viel Ausrüstung
Zu Beginn ihrer Ausbildung, als Jessica noch viel zu lernen hatte, hat sie erst mal sehr, sehr oft tragen geholfen. Je nach Einsatz brauchen Schornsteinfeger nämlich ganz schön viel Ausrüstung: Messgeräte, die etwa zeigen, ob ein Kamin zu viel ungesundes Abgas ausstößt, Bürsten und Schaufeln für das Ruß, Seile und Lampen. Doch ihr gesamtes Werkzeuglager kann selbst die beste Schornsteinfegerin nicht ständig mit sich herumschleppen.
Darum ist es wichtig, die Häuser im eigenen Kehrbezirk gut zu kennen, um das Richtige dabei zu haben. Kehrbezirk, so nennt man einen bestimmten Stadtbereich, für den ein Schornsteinfeger zuständig ist. Alle sieben Jahre bewerben sich Firmen bei der Stadt darum.
Jessica hat die längste Zeit am Stadtrand in Rudow, ganz im Süden von Berlin, gearbeitet. Viele Leute dort wollen sie als Schornsteinfegerin des Vertrauens gar nicht mehr missen. Für knapp 1800 Kunden sind Jessica und ihre zwei Kollegen zuständig. Ja, richtig gelesen – ich habe auch Bauklötze gestaunt über diese große Zahl.
Nicht jedes Haus ist gleich
Dass ihr Betrieb so viele Kunden hat, liegt vor allem daran, dass im Rudower Kehrbezirk so viele Einfamilienhäuser stehen. „Deren Heizanlagen sind einfacher und auch die niedrigen Dächer zu besteigen ist nicht so aufwendig“, sagt Jessica. Hohe Häuser kennt aber auch sie noch aus ihrer Ausbildung in Schöneberg.
Daran, dass Schornsteinfeger Glück bringen, glauben übrigens noch viele Menschen. Nicht alle streifen Jessica und ihren Kollegen über die Schulter, damit das Glück abfärbt. Aber fast alle freuen sich, sie zu sehen.
Autor:Erik der Eisbär aus Mitte |
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