Kitaplatz-Not mit Folgen: Stadtrat fordert "Brennpunktprogramm"
Bei den Erhebungen aus Einschulungsuntersuchungen der letzten Jahre zeigt sich: Insbesondere der Norden des Bezirks, in dem über 80 Prozent der Kinder aufwachsen, weist schlechte Resultate bei der Entwicklung seiner angehenden Schüler auf. Vor allem in ihren visuomotorischen Fähigkeiten und in der sprachlichen Entwicklung sind Neuköllner Kinder nicht altersgemäß entwickelt. Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU): "Wenn die Kinder zu unreif für die Schule sind, ist die Schule oft mit Belastungen konfrontiert, die sie nicht bewältigen kann." Kinder, die aus sozialen Brennpunktlagen kommen, müssten daher dringend früher als mit drei Jahren eine Kindertagesstätte besuchen, um diese Defizite rechtzeitig abzubauen. Das Problem: In Neukölln fehlen derzeit über 1 000 Kitaplätze. Für ein- bis dreijährige Kinder stehen sogar nur zu 58 Prozent Kita-Plätze zur Verfügung.
"Gespräche mit Mitarbeitern der Kitas spiegeln die Not der Eltern wider, die nicht mehr wissen, wo sie ihre Kinder unterbringen können", erzählt Liecke. Damit freie Träger ihr Platzangebot schneller ausbauen können, fordert er bei der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft eine Bevorzugung der Förderanträge aus Brennpunktbezirken. "Es dauert entschieden zu lange, bis die Fördergeldentscheide des Senats bei unseren Trägern landen." Aus Kostengründen - der Bau von 100 Kitaplätzen kostet bis zu 2,7 Millionen Euro - können die freien Träger kaum Kitaplätze ohne Fördermittel des Senats einrichten. "Ein Schnellprogramm, in dem die Anträge der Träger aus Brennpunktbezirken mit dem Stempel "eilt" bearbeitet werden, ist notwendig. Der Senat muss endlich Prioritäten setzen", fordert Liecke.
Er habe aber den Eindruck, es gehe politisch nichts voran. Auf Anfrage betont Ilja Koschenbar, Pressesprecher von Senatorin Sandra Scheeres (SPD): "Da gerade Kinder in Gebieten mit hoher sozialstruktureller Belastung besonders von Förderangeboten der Kita profitieren können, ist es wichtig, dass wir diese im Sinne einer größtmöglichen Chancengerechtigkeit verstärkt für einen frühen Besuch der Kita gewinnen." Der Senat rege daher den Kita-Ausbau in diesen Gebieten nun noch stärker an. "Das bedeutet, dass Faktoren wie die ALG-II-Bezugsquote bei den Förderentscheidungen im laufenden Kita-Ausbau jetzt stärker gewichtet werden." Diese Botschaft habe die Senatorin bereits Mitte März verkündet.
Autor:Sylvia Baumeister aus Neukölln |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.