"Nicht alles gut, aber doch viel erreicht"
Neuer Hauseigentümer unterzeichnet Abwendungsvereinbarung, Mieter sind dennoch enttäuscht
Die „bunten Häuser“ an der Flughafen- und Hermannstraße haben einen neuen Eigentümer. Er hat zügig eine Abwendungsvereinbarung unterzeichnet und damit die Regeln des Milieuschutzes akzeptiert. Doch zufrieden sind die Mieter nicht.
Die Gebäude liegen an der Flughafenstraße 45, 47 und 49 sowie um die Ecke, an der Hermannstraße 224. Sie sind in knalligen Farben gestrichen, typisch für die Ex-Besitzerin, der „Haus in Ordnung Verwaltungsgesellschaft“ von Hannes Gerlach, Erbe des bekannten Berliner Unternehmers Harry Gerlach. Mit der Abwendungsvereinbarung hat der neue Vermieter versichert, beispielsweise auf Luxussanierungen und Umwandlung in Eigentumswohnungen zu verzichten. Mit dieser Garantie wird das Vorkaufsrecht des Bezirks automatisch hinfällig und damit auch die Übernahme der Immobilie durch eine städtische Wohnungsgesellschaft oder Genossenschaft. So das Gesetz.
"Im Keim erstickt"
Die rund 300 Bewohner der Häuserkomplexe freut das Ganze nicht. Mit der zügigen Unterzeichnung habe die Mähren AG die „Möglichkeit des Vorkaufs im Keim erstickt“, schreibt die neu gegründete Initiative HerFlug224 in einer Erklärung. Das sieht Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Bündnis 90/Die Grünen) anders. Acht Wochen hat das Bezirksamt nach einem Hausverkauf in einem Milieuschutzgebiet maximal Zeit, das Vorkaufsrecht auszuüben, das ist knapp. „Mir ist es so herum viel lieber, als wenn alle Beteiligten zwei Monate lang für das Vorkaufsrecht ackern und dann im letzten Moment eine Abwendung abgegeben wird“, sagt er. Das schnelle Handeln der Mähren AG wertet er als Zeichen dafür, dass sie genau gewusst habe, auf was sie sich einlässt, und dass Neukölln andernfalls alles getan hätte, um das Vorkaufsrecht zu nutzen. Die Bewohner seien dank der Abwendungsvereinbarung besser geschützt als zuvor. Schließlich dürfe der neue Besitzer die Wohnungen nicht in Eigentum umwandeln, der alte hätte das durchaus tun können. Denn die „normalen“ Milieuschutzbestimmungen bieten ein riesiges Schlupfloch: Umwandlungen sind unter der Bedingung erlaubt, dass sieben Jahre lang nur an die Mieter verkauft werden darf. Das kann sich aber in der Realität kaum jemand leisten.
Auch in Sachen Mietpreisbremse seien die Betroffenen nun besser abgesichert. „Wir haben in der Abwendung eine Klausel, die den Käufer dem Bezirksamt gegenüber zum Nachweis verpflichtet“, sagt Biedermann. Die Bewohner der Häuser hätten übrigens die Möglichkeit, die Abwendungsvereinbarung einzusehen. Gerade nach dem Wegfall des Mietendeckels könne er jedoch ihren Wunsch nach mehr Schutz gut verstehen, so der Stadtrat. „Es ist natürlich nicht alles gut, aber doch viel erreicht.“ Er begrüßt es ausdrücklich, dass sich die Mieter organisiert haben.
Und die bleiben auch künftig aktiv. „Ein echter Milieuschutz ist mit Abwicklung dieses Deals nicht gegeben“, schreiben sie. Denn die Abwendungsvereinbarung gelte nur für einen begrenzten Zeitraum, maximal sind es 20 Jahre. Sie setzen sich für eine grundsätzliche Verbesserung des Milieuschutzes und eine Übernahme von verkauften Häusern durch die städtische Hand ein. Nun sind sie dabei, sich mit anderen Mietern von Häusern zu vernetzen, die von der Mähren AG gekauft worden sind: an der Ritterstraße und Bergfriedstraße in Kreuzberg, an der Maxstraße und Reinickendorfer Straße im Wedding und in einem großen Ensemble in Lichtenberg.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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