Die Opfer im Schatten der Täter
Neuköllner Grüne fordern Umgestaltung des Gedenkortes für Kolonialsoldaten auf dem Garnisonsfriedhof
Mitglieder der Bündnisgrünen haben kürzlich den „Afrikastein“ auf dem Neuen Garnisionsfriedhof am Columbiadamm 122 verhüllt. Er erinnert an Soldaten, die bei der Niederschlagung des Herero-Aufstands (1904-1908) in Deutsch-Südwestafrika beteiligt waren. Die Grünen fordern, nicht der Täter, sondern der Opfer zu gedenken.
Im Jahre 1904 rebellierten die ihrer Lebensgrundlage beraubten Herero gegen die weißen Machthaber, später schloss sich die Bevölkerungsgruppe der Nama an. Die deutschen Kolonialherren reagierten mit enormer Grausamkeit, die mehr als 50 000 Menschen den Tod brachte. Viele wurden erschossen, viele zum Verdursten in die Wüste getrieben, andere in Konzentrationslager gebracht. Wissenschaftler sprechen vom ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts. Mit dem Gedenkstein auf dem Neuen Garnisionsfriedhof wird aber sieben Männern gedacht, die sich in Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, freiwillig für diesen Vernichtungsfeldzug gemeldet hatten. Sie seien einen „Heldentod“ gestorben, ließ das Offizierkorps auf den Findling schreiben.
Zwar gibt es seit Oktober 2009 auf Beschluss der Bezirksverordneten eine in den Boden eingelassene Tafel, die auch an die ermordeten Herero und Nama erinnert, doch das reicht den Grünen nicht. „Die kleine Platte für die Opfer liegt im Schatten des großen Gedenksteins für ihre Täter. Weder Opferzahlen noch der Genozid werden in der Inschrift erwähnt. Dieser Zustand ist beschämend“, so die Berliner Abgeordnete Susanna Kahlefeld.
Gemeinsam mit ihren Parteifreunden fordert sie, den Ort schnell und umfassend umzugestalten. Dabei seien Berliner Organisationen, die sich kritisch mit der Kolonialzeit auseinandersetzen, sowie Nachfahren der Herero und Nama einzubeziehen. Außerdem müsse die Bundesregierung endlich den damaligen Völkermord ohne Einschränkung anerkennen. Daniela Wannemacher vom Kreisverband der Neuköllner Grünen sagt: „Wir wollen eine kritische Aufarbeitung der deutschen Kolonialzeit, die der Opfer in Würde gedenkt. Wir würden begrüßen, wenn die dringend notwendige Auseinandersetzung auch in Neukölln stattfindet und beispielsweise durch kolonialismuskritische Projekte des Bezirksmuseums unterstützt würde.“
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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