Zwei-Zimmer-Wohnung für 1600 Euro
"Rette deinen Kiez" - Grüne machen mit einer Kampagne gegen hohe Mieten mobil

Grüne kämpfen gegen Verdrängung: Jochen Biedermann, Anna Hoppenau, die Abgeordnete Susanna Kahlefeld sowie Philmon Ghirmai und Bernd Szczepanski (v.l.). | Foto: Foto: Schilp
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Die Neuköllner Grünen haben am 21. August den Startschuss für ihre Kampagne „Rette deinen Kiez“ gegeben. Zwei Monate lang wollen sie mit Flyern, Plakaten und Veranstaltungen auf steigende Mieten aufmerksam machen. Im Internet gibt es eine Seite mit vielen Informationen.

Auf dem Alfred-Scholz-Platz illustrieren unterschiedlich hohe Türme aus Umzugskartons die fatale Entwicklung: Innerhalb eines Jahrzehnts haben sich im Bezirk die Angebotsmieten verdoppelt – von fünf auf zehn Euro pro Quadratmeter, netto kalt. „Mieten sind in Neukölln das Angstthema Nummer eins, und die Mietenpolitik ist komplett ungerecht. Es kann nicht sein, dass die Menschen ihr Zuhause verlieren, weil sie es sich nicht mehr leisten können“, sagt Anne Hoppenau, Vorstandsvorsitzende der Neuköllner Grünen.

Das findet auch Jochen Biedermann, Stadtrat für Stadtentwicklung und Soziales . „Ich habe auf die Verfassung geschworen. Darin steht, dass Eigentum verpflichtet und dem Wohl der Allgemeinheit zu dienen hat. Aber viele, die Immobilien kaufen, kümmern sich darum überhaupt nicht mehr. Wir als Bezirk sind aber leider nicht in der Lage, einfach den Schalter umlegen. Da sind das Land und besonders der Bund gefordert.“ Nur dort können Gesetze geändert, beispielsweise die Mietpreisbremse verbessert oder die elfprozentige Modernisierungsumlage gesenkt werden.

Wichtig sei, dass sich Mieter informierten, wehrten und dabei die Schwächeren mitnähmen. Er habe bei Info-Veranstaltungen schon beeindruckende Hausgemeinschaften erlebt: „Es ist irre, in wie kurzer Zeit Bewohner zusammenfinden und zu Experten werden können.“ Oft läuft es aber anders. „Viele melden sich zum Beispiel erst, wenn Sanierungen schon laufen, das ist definitiv zu spät.“

Ob das Bezirksamt Handlungsspielraum hat, ist von Fall zu Fall zu entscheiden. Voraussetzung ist jedoch, dass es überhaupt von bestimmten Vorgängen weiß. „Wir können nicht in jedes Haus reingucken“, so der Stadtrat. Ein Beispiel aus dem milieugeschützten Reuterkiez: Da luxusmodernisiert ein Vermieter eine Zwei-Zimmer-Wohnung, obwohl er dazu nicht die notwendige Genehmigung hat und bietet sie für 1600 Euro im Monat an. Das Bezirksamt erfuhr davon und hat dem Eigentümer einen Rückbau angedroht. Die Sache ist noch nicht entschieden.

Philmon Ghirmai, Vorstandssprecher der Grünen im Bezirk, empfiehlt: „Auch Leerstand und Ferienwohnungen sollten gemeldet werden – oft sind sie illegal. Und wenn jemand auszieht, sollte er den Nachmieter über die bisherige Miethöhe informieren.“ So könne der nachprüfen, ob von ihm im Anschluss zu viel gefordert werde. Davon hätten alle etwas: Denn auch überteuerte Neuvermietungen gehen in den Mietspiegel ein und heben so das Niveau.

Bernd Szczepanski ist Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung und war jahrelang Sozialstadtrat in Neukölln. Er bezeichnet die Mieten- und Wohnungspolitik als „einer der größten Skandale in Deutschland und Berlin.“ Er weiß um etliche Hartz-IV- oder Sozialhilfeempfänger, die zum Wegzug gezwungen sind und ihren Kinder zumuten müssen, aus der gewohnten Umgebung gerissen zu werden. Auch er fordert, auf die Bundesregierung Druck auszuüben. „Milieuschutz allein reicht nicht.“

Auf der Internetseite www.rette-deinen-kiez.de finden alle Interessierten Informationen und Tipps, allgemeinverständlich und in mehreren Sprachen. Hier kann Zweckentfremdung gemeldet werden, Beratungsstellen sind aufgelistet, und es wird erklärt, wie jeder herausfinden kann, ob seine Miete ortsüblich ist oder eventuell gesenkt werden muss.

Grüne kämpfen gegen Verdrängung: Jochen Biedermann, Anna Hoppenau, die Abgeordnete Susanna Kahlefeld sowie Philmon Ghirmai und Bernd Szczepanski (v.l.). | Foto: Foto: Schilp
Stadtrat Jochen Biedermann vor den Papptürmen, die die Mietsteigerungen der vergangenenJ Jahre illustrieren. | Foto: Bü90/Grüne Neukölln
Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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