Bornsdorfer Straße: besetzt und geräumt
Senatorin Lompscher äußert Verständnis / Stadt und Land besteht auf Strafanzeigen
Am Pfingstsonntag besetzten rund 60 Menschen das Haus an der Bornsdorfer Straße 37 b. Nach einigen Stunden räumte die Polizei das Gebäude. Die Eigentümerin, die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land stellte Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch.
Der Seitenflügel, ein ehemaliges Schwesternwohnheim, steht seit langer Zeit leer. Die Stadt und Land hatte das Gebäude vor drei Jahren erworben, um dort rund 40 Wohnungen zu errichten. Der Umbau sei vorbereitet und solle noch in diesem Jahr beginnen, teilt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen mit. Derzeit befinde sich das Gebäude in einem schlechten baulichen Zustand, die Statik sei gefährdet.
Stadt-und-Land-Geschäftsführer Ingo Malter und Staatssekretär Sebastian Scheel seien am Sonntag vor Ort gewesen und hätten den Besetzern angeboten, über ein Wohnprojekt an der Bornsdorfer Straße 37 b zu sprechen – falls sie das Haus verlassen würden. Die gesetzte Frist – 20.30 Uhr – sei aber ergebnislos ausgelaufen und eine Kontaktaufnahme zu den Besetzern sei nicht möglich gewesen. Deshalb sei das Haus auf Wunsch der Stadt und Land schließlich geräumt worden.
"Wir waren erreichbar, es gab keine Frist"
Das stellen die Besetzer anders dar. Auf ihrem Blog „besetzen.noblogs.org“ schreiben sie, es sei ihnen nicht nur um einen symbolischen Protest gegangen, sondern auch darum, „eine solidarische Alternative zu erproben“. Und weiter: „Die Verhandlungen waren zur Zeit der Räumung noch nicht beendet. Es wurde uns nie eine konkrete Frist mitgeteilt. Wir waren die ganze Zeit auf einem Verhandlungstelefon erreichbar, dessen Nummer Ingo Malter bekannt war.“ Sie fordern die Stadt und Land auf, die Strafanzeigen zurückzuziehen.
Damit haben sie Katrin Lompscher (Linke), Senatorin für Stadtentwicklung, auf ihrer Seite. Sie hat die Wohnungsbaugesellschaft gebeten, die Anzeigen gegen alle fallen zu lassen, die das Gebäude ohne Widerstand verlassen haben. Sie sagt: „Die Aktion zeigt, dass es in großen Städten wie Berlin für Menschen mit niedrigen Einkommen immer schwerer wird, eine Wohnung zu finden. Vor diesem Hintergrund ist die Motivlage der Besetzerinnen und Besetzer, ein deutliches politisches Zeichen zu setzen, nachvollziehbar.“ Allerdings schränkt sie ein: „Trotzdem stellt die Besetzung von Gebäuden einen Eingriff ins Eigentumsrecht dar und kann strafrechtliche Konsequenzen haben.“
Ingo Malter hat signalisiert, dass er dem Wunsch der Senatorin nicht entsprechen wird und die Anzeigen aufrechterhält.
Auch in der Kreuzberger Reichenberger Straße 114 wurde am Pfingstsonntag ein Gebäude besetzt. Außerdem gab es weitere sieben „Scheinbesetzungen“ in der Stadt: An diesen Häusern wurden Transparente aufgehängt.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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