Studie über Toleranz und Diskriminierung in Nord-Neukölln vorgestellt
Wegen der Vorwürfe, Nord-Neukölln sei von Rassismus, Islam- und auch Deutschenfeindlichkeit geprägt, hatte Gesundheits- und Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU) die Studie "Zusammenleben in Nord-Neukölln" in Auftrag gegeben.
"Die Debatten um muslimische Diskriminierung sind sehr emotional. Diese Studie soll Stereotypen und Deutungsmuster überprüfen und eine Grundlage liefern, auf der wir vernünftig diskutieren können", sagte Liecke, als er die Studie im Mädchentreff MaDonna vorstellte - gemeinsam mit der Camino-Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich. Stichprobenartig hatte das Unternehmen 311 Nord-Neuköllner befragt, die die Bevölkerungsstruktur weitgehend abbilden.
Überraschend: 80 Prozent der Befragten gaben an, gerne in Neukölln zu wohnen. 90 Prozent bewerteten es als positiv, dass das hier Menschen so vieler Kulturen gibt. "Es war für uns schon erstaunlich, ein von Toleranz geprägtes Klima festzustellen", erklärte Dr. Albrecht Lüter von Camino. "Diskriminierung ist in Nord-Neukölln keine mehrheitliche Erfahrung, aber auch keine Randerscheinung, die man unter den Tisch kehren könnte."
Frauen leiden mehr
Wenn die Befragten sich diskriminiert fühlen, dann meistens im öffentlichen Raum - auf der Straße oder in Behörden. Allen voran fühlen sich muslimische Frauen betroffen (48 Prozent) im Gegensatz zu Frauen anderer Religionen (22 Prozent). Bei den Männern ist es umgekehrt: Muslimische Männer fühlen sich weniger diskriminiert (26 Prozent) als Nicht-Muslime (29 Prozent).
Eine große Anzahl der Befragten (71 Prozent) gab zudem an, innerhalb eines Jahres mindestens einmal Zeuge von Diskriminierungen wie Beleidigungen oder körperlichen Auseinandersetzungen geworden zu sein.
Dennoch bewertet Falko Liecke die Studie positiv: "Sie zeigt, dass die Menschen trotz vieler sozialer Verwerfungen gern hier leben", so der Stadtrat, der aus Gründen der staatlich gebotenen Neutralität das Tragen von Kopftüchern in öffentlichen Behörden ablehnt.
Um Diskriminierungs- und Radikalisierungstendenzen gerade bei jungen Menschen frühzeitig entgegenzuwirken, will er weiter auf Jugendsozialarbeit setzen. Dafür sei aber dringend mehr finanzielle Unterstützung vom Senat nötig. Gabriele Heinemann, Leiterin des Mädchentreffs stimmt zu: "Ein junger Mensch, der an der Gesellschaft teilhat, ist viel besser in der Lage, etwas zu hinterfragen und wird weniger leicht Opfer von Diskriminierung und Radikalisierung."
Autor:Sylvia Baumeister aus Neukölln |
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