"Heilfroh, endlich die Lücken zu schließen"
Verdrängungsdruck wächst – Milieuschutz gilt für ganz Nord-Neukölln
Die letzten weißen Flecken sind verschwunden, der gesamte Norden Neuköllns steht jetzt unter Milieuschutz. Dazu gekommen sind das Rollbergviertel samt den angrenzenden Altbau-Straßenzügen und die Häuser an der Hasenheide 61–95.
Damit wird eine Entscheidung aus dem Jahr 2016 abgelöst. Damals waren Voruntersuchungen zu dem Schluss gelangt, dass in den genannten Gebieten der Verdrängungsdruck nicht hoch genug sei, um sie unter Milieuschutz zu stellen. Oder, offiziell ausgerückt: Eine „Verordnung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung“ konnte nicht erlassen werden.
Untersuchung eindeutig
„Aber seitdem hat der Immobilienmarkt leider nichts an Dynamik eingebüßt. Die Ergebnisse einer erneuten Untersuchung sind nun eindeutig. Ich bin heilfroh, dass wir diese Lücken damit endlich schließen konnten“, sagt Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne). „Es war den Anwohnerinnen und Anwohnern wirklich nicht mehr zu erklären, warum die Nachbarn von gegenüber in den Genuss des Milieuschutzes kommen und sie nicht.“
Die Häuser auf der südlichen Seite der Straße Hasenheide gehören nun zum Milieuschutzgebiet Donaustraße/Flughafenstraße und der Bereich zwischen Rollbergstraße und Thomasstraße zum Gebiet Körnerpark. Dazu gehören im Einzelnen: das Rollbergviertel, der Mittelweg, die Rollberg-, Werbellin-, Briese-, Kienitzer-, Kopf-, Leyke-, Falk-, Morus-, Hans-Schiftan-, Bornsdorfer und Neuwedeller Straße. Ebenfalls im Gebiet liegen die Grünflächen Thomas- und Lessingshöhe sowie die Friedhöfe an der Thomas- und Hermannstraße.
Damit steht nun das ganze Areal innerhalb des S-Bahnrings unter Schutz. Ausgenommen wurden nur kleine Teile, wo es ausschließlich Gewerbe gibt, etwa am Finanzamt an der Thiemannstraße.
Was bringt der Milieuschutz?
Der Vorteil für die Bewohner: Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen wird erschwert und ist genehmigungspflichtig. Das gilt auch für Sanierungen. Dazu muss das Bezirksamt allerdings bei drei Voraussetzungen trotzdem sein Okay geben: Wenn das Erhalten des Hauses für den Eigentümer finanziell nicht mehr zumutbar ist, wenn der „zeitgemäße Ausstattungszustand“ nicht mehr dem einer durchschnittlichen Wohnung entspricht oder wenn die Sanierung dazu dient, die Mindestanforderung der Energiesparverordnung zu erfüllen.
Gerade der letzte Punkt erweist sich für Mieter oft als problematisch. Nicht selten nutzen Eigentümer nämlich energetische Sanierungen wie Fassadendämmungen dazu, die Mieten in die Höhe zu treiben. Denn sie dürfen acht Prozent der Kosten dauerhaft auf die Bewohner umlegen.
Eine weitere Besonderheit in Milieuschutzgebieten ist, dass der Bezirk ein gesetzliches Vorkaufsrecht hat, wenn ein Haus den Eigentümer wechselt. Macht er von diesem Recht Gebrauch, hat der private Käufer noch die Möglichkeit, eine sogenannte Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen. Darin verpflichtet er sich, nicht gegen die Ziele des Milieuschutzes zu verstoßen. Weigert er sich, geht das Haus an eine öffentliche Wohnungsgesellschaft.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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