Abgebrannten Dienstautos, Anti-Gewalt-Kampagne, Vize-Europameister
Was das Jahr 2019 für Neukölln gebracht hat

Hunderte von Anwohnern kamen, als der Lipischitz-Brunnen im Sommer nach vielen Jahren endlich wieder sprudelte. | Foto: Foto: Schilp
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  • Hunderte von Anwohnern kamen, als der Lipischitz-Brunnen im Sommer nach vielen Jahren endlich wieder sprudelte.
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Was ist im zu Ende gehenden Jahr im Bezirk passiert? Wir haben einen Blick zurück geworfen, größere und kleinere Ereignisse, Erfreuliches und weniger Erfreuliches aus den vergangenen zwölf Monaten zusammengestellt.

Januar: 300 Mieter atmen auf: Ihre Wohnungen an der Thiemann- und Böhmischen Straße gehen nicht an einen dänischen Pensionsfonds. Das Bezirksamt hat sein Vorkaufsrecht genutzt, die Wohnbauten-Gesellschaft Stadt und Land übernimmt die denkmalgeschützte Anlage.

Bei einem Brandanschlag an der Juliusstraße gehen die neun Fahrzeuge des Ordnungsamts in Flammen auf. Schaden: rund eine Viertelmillion Euro. Spekulationen zufolge könnten die Täter aus dem kriminellen Clan-Milieu stammen und sich für die Gewerbekontrollen gerächt haben.

Die Signa-Gruppe, Eigentümerin von Karstadt am Hermannplatz, gibt bekannt, das Haus nach historischem Vorbild umbauen zu wollen. Die Diskussion über das Für und Wider wird sich über das ganze Jahr hinziehen – ohne endgültiges Ergebnis.

Februar: An der Karl-Marx-Straße, gegenüber der Magdalenenkirche, eröffnet der Verein Fixpunkt zwei Drogenkonsumräume. Hier können sich Abhängige einen Schuss setzen oder Suchtmittel rauchen.

Neues von Traditionsgeschäften

Nach fast 20 Jahren schließt Batman Elektronik an der Hermannstraße. Muharrem Batman ist im Kiez bekannt wie ein bunter Hund, weil er alles repariert, was zu reparieren ist und aus Elektronikschrott Kunstwerke macht. Ein anderes Traditionsgeschäft hat neue Räume gefunden: Der Zauberkönig zieht an die Ecke Herrfurth- und Weisestraße.

Das Bezirksamt schafft sieben Lastenfahrräder an, davon fünf E-Bikes. Jedermann kann sie ausleihen, um damit Sperrmüll zum nächsten Recyclinghof zu bringen.

März: Mehr als 40 Jahre lang wurde am Dammweg 216 Wein angebaut. Damit ist jetzt Schluss. Die Reben müssen einem neuen Pausenhof der benachbarten Schule weichen und werden auf das Grundstück der Britzer Weinkultur an den Koppelweg gebracht.

In der Gropiusstadt gibt es nun Nachbarschaftslotsen. Sie sollen die Bewohner über die vielen sozialen Einrichtungen und Anlaufstellen in der Großsiedlung informieren.

April: Die letzten weißen Flecken sind verschwunden, der gesamte Norden Neuköllns steht unter Milieuschutz. Dazu gekommen sind das Rollbergviertel samt den angrenzenden Altbau-Straßenzügen und Häuser entlang der Hasenheide.

Nach drei Jahren Vorbereitungen und Planungen eröffnet das Café am Buschkrug. Jetzt können sich die großen und kleinen Besucher des riesigen Europa-Spielplatzes nicht nur stärken, sondern auch auf die Toilette gehen.

Mai: Schmuddelige Klassenzimmer, unhygienische Toiletten: Das will die neue Neuköllner Initiative „Schule in Not“ nicht hinnehmen. Sie setzt sich dafür ein, dass das Bezirksamt wieder selbst Reinigungskräfte anstellt, statt Fremdfirmen zu beauftragen.

Streitpunkt Mettefeld

Die evangelische Kirchengemeinde schreibt einen Ideenwettbewerb für das Rudower Mettefeld aus. Auf 11 000 Quadratmetern sind Wohnungen, eine Kita und eine Jugendeinrichtung geplant. Viele Anwohner sind gegen das Vorhaben. In den vergangenen Jahrzehnten haben sie immer wieder erfolgreich gegen eine Bebauung gekämpft.

Juni: Nach drei Jahrzehnten Unterricht im Provisorium wird der erste Spatenstich für die neue Clay-Oberschule gefeiert. Rund 60 Millionen Euro soll das Gebäude an der Ecke Neudecker Weg und August-Froehlich-Straße kosten. Geplante Fertigstellung: 2022.

Der Senat verabschiedet ein Landesprogramm, das die Arbeit der Stadtteilmütter sichert. Vorreiter war Neukölln: Hier gibt es die Helferinnen seit 2004. Die Frauen mit Migrationshintergrund unterstützen Landsleute dabei, sich in der Gesellschaft besser zurechtzufinden.

Juli: Von sechs Arztstellen beim bezirklichen Sozialpsychiatrischen Dienst sind nur noch zwei besetzt. Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU) zieht die Reißleine und bietet keinen Not- und Krisendienst mehr an.

Nach fast zwei Jahrzehnten geht ein Wahrzeichen wieder in Betrieb: der Lipschitzbrunnen im Herzen der Gropiusstadt. Allerdings muss er wegen Vandalismus schon nach zwei Wochen repariert werden.

Komfortable Radwege

Der pollergeschützte Fahrradstreifen zwischen Hermannplatz und Reuterstraße wird eröffnet. Der Abschnitt zwischen Südstern und Hermannplatz auf Kreuzberger Straßenland ist bereits seit einigen Monaten fertig.

August: Es wird bekannt, dass sich die Sanierung der Karl-Marx-Straße erheblich verzögern wird, schlimmstenfalls bis 2024. Der Grund: Abbruchmaterial, das mit Schadstoffen belastet ist, muss auf der Baustelle gelagert werden.

59 Neuköllnerinnen und Neuköllner, die im Postleitzahlengebiet 12347 wohnen, freuen sich über einen Gewinn von 60 0000 Euro – eine ganz besonders Glückliche bekommt die Hälfte der riesigen Summe. Möglich macht es die Deutsche Postcode Lotterie.

Ende des Monats beginnt eine Jubiläumswoche in der Gropiusstadt: Vor genau 100 Jahren gründete Architekt Walter Gropius in Weimar das Bauhaus.

September: Der Mitmachzirkus Mondeo an der Gutschmidtstraße ist bis 2023 gesichert: Bürgermeister Martin Hikel (SPD) und Direktor Gerhard Richter unterschreiben einen Vertrag. Seit 2006 bietet der Familienzirkus Workshops für Neuköllner Grundschulkinder an.

Milieuschutz verbessert

Immer wieder nutzen Menschen in Milieuschutzgebieten eine Gesetzeslücke: Sie mieten eine Wohnung – mit der Absicht, sie sofort danach zu kaufen. Das verstärkt den Verdrängungsdruck sozial schwächerer Mieter. Stadtrat Jochen Biedermann (Grüne) will dieser Praxis einen Riegel vorschieben. Mindestens zwei Jahre müsse jemand Mieter bleiben, bis er kaufen darf, sagt er.

Das Modellprojekt „Eltern im Blick – Grenzen setzen – Brücken bauen“ startet an der Grundschule an der Köllnischen Heide, die hauptsächlich von Kindern mit ausländischen Wurzeln besucht wird. Sozialarbeiter gehen zu den Eltern, helfen bei Erziehungsproblemen, machen ihnen aber auch klar, welche Wertvorstellungen die Schule nicht akzeptieren kann.

Oktober: Das Bezirksamt präsentiert der Öffentlichkeit die Planungen für den Karl-Marx-Platz. Kernpunkte: Asphaltierung der Straße Richtung Karl-Marx-Straße, ein kurzes Stück Fahrradweg, mehr Platz für den Markt. Die schmuddelige „grüne Spitze“ verschwindet.

Die Leiterin der Zürich-Grundschule an der Wederstraße sorgt für Empörung: Sie hat dem Hortbetreiber mit Kündigung gedroht. Gleichzeitig macht sie den Erziehern die Auflage, sich künftig nur noch auf Deutsch mit Eltern zu unterhalten, obwohl etliche die Sprache schlecht verstehen und sprechen.

Beim Bundesentscheid des Deutschen Nachbarschaftspreises erreicht „Shalom Rollberg“ den dritten Platz. Das Konzept: Muslimische Kinder und Jugendliche unternehmen etwas mit jüdischen Erwachsenen – beide Seiten lernen sich kennen.

November: Neuköllner Opfer von rechtsextremen Anschlägen übergeben 25 679 Unterschriften an das Abgeordnetenhaus. Gefordert wird ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss. Er soll mögliche Versäumnisse und Mängel bei Polizei und Justiz beleuchten und klären, warum es bisher keine Ermittlungserfolge gibt.

Keine Werkstatt der Kulturen mehr

Kultursenator Klaus Lederer (Linke) stellt die neuen Betreiberinnen der Werkstatt der Kulturen vor: Der Zuschlag geht an fünf Frauen von KulturNeuDenken. Das Team übernimmt am 1. Januar die Regie an der Wissmannstraße.

Weil rund um die Sonnenallee Angriffe, Beschimpfungen und Beleidigungen von Frauen und queeren Menschen massiv zugenommen haben, startet die Kampagne „Sicherheit – Geborgenheit – Neukölln“. Ein Element: Als Zeichen dafür, dass sie bedrohten Menschen Zuflucht bieten, kleben Gewerbetreibende einen Sticker auf ihre Schaufenster. Er zeigt drei Personen unter einem schützenden Dach.

Dezember: Es ist eines der ältesten Berliner Familienunternehmen: FAPACK Kartonagen an der Ederstraße wird 150 Jahre alt. Die Produktpalette reicht von Versandverpackungen bis hin zu wertvollen Unikaten. Kunden sind Konzerne wie Siemens, aber auch Kleinstbetriebe.

Das erste Berliner Tageshospiz eröffnet am Orchideenweg: In der Ricam-Einrichtung werden auch Schwerstkranke, die abends in ihre eigenen vier Wände zurückkehren, betreut.

Freude bei der Schwimmgemeinschaft Neukölln: Der 21-jährige Ramon Klenz legt in Glasgow 200 Meter Schmetterling in 1:51,51 Minuten zurück und gewinnt Silber. Damit ist er Vize-Europameister.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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