Bauvorhaben, Straßenumbenennungen, Eröffnungen
Was das Jahr 2020 für Neukölln gebracht hat
Das Jahr 2020 stand im Zeichen der Corona-Krise. Dennoch gab es auch viele andere kleine und größere Ereignisse, die die Neuköllner bewegten, ärgerten oder freuten. Die Berliner Woche präsentiert eine Auswahl.
Januar: Mehr als 40 000 Menschen unterschreiben eine Petition und fordern den Erhalt der Griessmühle an der Sonnenallee 221. Dem Club war von der Eigentümerin S Immo gekündigt worden. Es folgen Gespräche, doch letztendlich wird Ende des Monats die letzte Party gefeiert.
Der „Checkpoint BLN“ an der Ecke Karl-Marx- und Hermannstraße eröffnet. Hier werden schwule und bisexuelle Männer sowie trans- oder intersexuelle Menschen beraten. Zu dem Projekt zusammengetan haben sich die Aids-Hilfe, die Schwulenberatung, das Auguste-Viktoria-Klinikum und der Verein dagnä, eine Gemeinschaft von Ärzten, die sich um HIV-Infizierte kümmern.
Alle U-Bahnen halten wieder auf dem Bahnhof Zwickauer Damm. Anderthalb Jahre hat der komplizierte Aufzugeinbau gedauert.
Februar: War die Baustelle Karl-Marx-Straße bisher von Süden nach Norden gewandert, wird nun eine zweite am Nordende, zwischen Fulda- und Weichselstraße, eingerichtet. So soll das Riesenvorhaben schneller vorankommen.
Teile der Kopf- und Morusstraße tragen nun die Namen von Uwe Lieschied und Roland Krüger. Die beiden Polizisten wurden von Kriminellen erschossen, während sie in Neukölln Dienst taten.
Zum ersten Mal lädt die Lise-Meitner-Schule die Öffentlichkeit in ihr neues Gebäude an der Lipschitzallee 25 ein. Rund 1300 junge Menschen besuchen das Oberstufenzentrum für Chemie, Physik und Biologie.
Die Pandemie wird spürbar
März: Katastrophale hygienische Zustände führen zur Schließung der Großbäckerei Höhn an der Neuköllnischen Allee. Die Polizei berichtet von Schädlingen, ekelerregendem Geruch, baulichen und arbeitsschutzrechtlichen Missständen.
Die Corona-Pandemie zeigt drastische Folgen: Am 12. März machen die Bibliotheken dicht, es folgen alle Kultureinrichtungen, Spielplätze und Sportanlagen. Am 17. März schließen die Schulen und Kitas, einen Tag später dürfen viele Geschäfte nicht mehr öffnen.
Jede dritte Wohnung im Schillerkiez ist eine Eigentumswohnung. Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) nennt diese Zahl „erschreckend hoch“. Dem Bezirksamt sind aber die Hände gebunden, denn das Bundesrecht lässt Umwandlungen zu, wenn sich der Eigentümer verpflichtet, sieben Jahre lang nur an die Mieter zu verkaufen.
April: Vor 100 Jahren eröffnet die erste Gartenarbeitsschule Berlins – am Teltowkanal, nahe der Grenzallee. Das Jubiläum sollte in der heutigen August-Heyn-Gartenarbeitsschule an der Fritz-Reuter-Allee gefeiert werden. Die Party muss jedoch verschoben werden.
Das „Corona-Abstrich-Zentrum“ nimmt auf dem Estrel-Parkplatz seine Arbeit auf. Hier können sich Menschen aus dem Auto heraus auf das Covid-19-Virus testen lassen. In Frage kommen aber nur jene, die Kontakt zu Infizierten hatten oder klare Symptome aufweisen.
Viele Schülerinnen und Schüler können nicht vernünftig von zu Hause aus lernen, weil sie keinen Computer haben. Deshalb rufen Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD) und der Bezirkselternausschuss dazu auf, Laptops zu spenden.
Ranger für die Umwelt
Mai: In sechs Bezirken werden Ranger-Duos eingesetzt, Maike Borchert und Tjorven Tenambergen sind in der Britzer Pfuhlkette unterwegs. Ihr besonderes Augenmerk gilt den Amphibien, sie beraten aber auch die Bürger in allen Fragen rund um Flora und Fauna. Bis Ende 2021 läuft das Modellprojekt.
Das Bezirksamt sperrt an Sonntagnachmittagen einige Straßenabschnitte, damit Kinder dort spielen können – zum Beispiel die Rixdorfer Schnalle zwischen Karl-Marx- und Richardplatz.
Juni: Der erste von zehn Sperrmüll- und Tauschmärkten dieses Jahres findet auf dem Wildenbruchplatz statt. Hier nimmt die BSR kostenlos Sperrmüll und Elektroschrott entgegen. Der Andrang ist groß.
Die 48 Stunden Neukölln stehen vor der Tür. Doch in diesem Jahr findet Berlins größtes freies Kunstfestival vor allem digital statt. Das ursprüngliche Motto „Boom“ wird im Zeichen Coronas um das Thema „#systemrelevant“ ergänzt. Kreative sind aufgerufen zu zeigen, was Kunst leisten kann, um mit der derzeitigen Situation besser umzugehen.
Die Signa-Gruppe gibt bekannt, einige Galeria-Karstadt-Häuser zu schließen, dazu gehört auch die Filiale in den Gropius Passagen an der Johannisthaler Chaussee.
Juli: Im Rahmen der großen Erweiterung des Vivantes Klinikums an der Rudower Straße 48 wird ein Neubau eröffnet. In nur einem Jahr ist das Gebäude entstanden. Hier ist Platz für 116 Betten.
Nach vielen Verzögerungen beginnen die Arbeiten für die neue Kinder- und Jugendeinrichtung Blueberry Inn an der Ecke Reuter- und Erlanger Straße. Das Gelände sowie der angrenzende Käpt’n-Blaubär-Spielplatz sind bis 2023 gesperrt. Ein Ausweichcontainer wird am Boddinplatz aufgestellt.
Eine Viertelmilliarde Euro wollen die Berliner Klingsöhr-Gruppe und die Kölner Dereco GmbH am Neuköllner Schifffahrtskanal investieren. Zwei Gewerbeprojekte sind in Planung: ein 45 Meter hoher Neubau an der Neuköllnischen Allee 9 und ein Komplex auf der „Sonneninsel“ gegenüber dem Estrel-Hotel – dort, wo der Club Griessmühle ihren Sitz hatte.
Galeria-Filiale verschwindet
August: Es steht fest, dass das Galeria-Karstadt-Haus in den Gropius Passagen schließt. Den von der Signa-Gruppe geplanten Umbau von Karstadt Hermannplatz erklärt der Senat zum „Projekt gesamtstädtischer Bedeutung“. Damit hält er jetzt die Fäden in der Hand.
Die Polizei räumt das Syndikat in der Weisestraße 56 im Schillerkiez. Damit gehen 35 Jahre linke Kneipengeschichte zu Ende.
Darauf haben die Rudower Senioren lange gewartet: Die neue Freizeitstätte hinter der Alten Dorfschule öffnet. Wegen der Corona-Pandemie kann der Betrieb aber nicht richtig losgehen.
Gleich an zwei Schulstandorten gibt es eine Feier. Auf dem Campus Rütli eröffnen Erweiterungsbauten, in Rudow findet die Grundsteinlegung für die neue Clay-Oberschule statt.
September: Die Geschäftsführerin der Kulturstiftung Schloss Britz, Sonja Kramer, verabschiedet sich nach über 15-jährigerTätigkeit in den Ruhestand. Nachfolger wird Martin Steffens, bisher Leiter des Festivals 48 Stunden Neukölln.
Oktober: Die Berliner-Berg-Brauerei feiert Richtfest an der Treptower Straße 39. In der 600 Quadratmeter großen Halle soll nächstes Frühjahr der Betrieb losgehen. Um die 100 Hektoliter Gerstensaft pro Woche will Braumeister Torsten Vullriede dann hier produzieren: Pils, Pale Ale, Lager und Berliner Weisse.
„Bitte Maske tragen“ steht auf den Bürgersteigen. Am 24. Oktober hat der Senat das Aufsetzen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf der Karl-Marx-Straße angeordnet. Eine Woche später folgen Sonnenallee, Hermannstraße und Hermannplatz.
Hakan Demir tritt im Herbst 2021 als Neuköllner SPD-Direktkandidat für den Bundestag an. Bei einer Mitgliederbefragung haben sich knapp 52 Prozent für den 35-Jährigen ausgesprochen. Auf seinen Konkurrenten Tim Renner entfielen gut 45 Prozent. Der heutige Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu hatte angekündigt, nicht mehr zu kandidieren.
Ringen um den Wohnraum
November: Aus einem Förderprogramm des Bundes gibt es 4,95 Millionen Euro für eine „Klimaresiliente Hasenheide“. Ziel ist es, den Park langfristig an die veränderten Wetterbedingungen anzupassen.
Der skandinavische Immobilienkonzern Heimstaden hat in Berlin 130 Häuser gekauft. In Neukölln sind es 30, fast alle liegen in Milieuschutzgebieten. Nach anfänglichem Zögern erklärt sich das Unternehmen bereit, die dort geltenden Auflagen zu akzeptieren und unterschreibt eine „Abwendungserklärung“.
Die Degewo errichtet ein Hochhaus mit 151 Mietwohnungen am Friedrich-Kayßler-Weg 1 in der Gropiusstadt. Andere Pläne werden nach Bürgerprotesten erst einmal ad acta gelegt. Unbebaut bleibt die Spielplatzfläche an der Wutzkyallee sowie Grundstücke am Harry-Liedke-Pfad und am Ende des Joachim-Gottschalk-Wegs.
Dezember: Das Bezirksamt beschließt die Umbenennung der Wissmann- in Lucy-Lamek-Straße. Jetzt müssen noch Formalitäten erledigt werden. Die neuen Straßenschilder werden voraussichtlich im Sommer 2021 installiert.
Auf dem Kindl-Areal an der Rollbergstraße wird demnächst das Eine-Welt-Zentrum eröffnet. Entstehen soll auch ein „dekoloniales Denkzeichen“. Dafür steuert der Bund 750 000 Euro bei. Jetzt bewerben sich Künstler, die das Projekt verwirklichen wollen.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.