Bäcker pflegen alte Traditionen in der Pannierstraße
Am 14. Februar 1983 um 11.30 Uhr kamen die ersten Brote aus dem Ofen der neuen Bio-Bäckerei. "Es war damals, 1983, die alternative Zeit", erklärt Andreas Striegnitz. "Es war die Zeit der Hausbesetzer, die Zeit der alternativen Lebensformen." Vor 30 Jahren kamen acht Bäcker auf die Idee, eine neue Gesellschaft zu gründen. Sie wollten ihre Bäckerei im Kollektiv führen. Das Motto war damals: jeder kann und muss alles machen - vom Backen bis zum Verkauf. "Ganze Paletten von Broten haben wir damals an die Hausbesetzer-Szene am Hermannplatz oder nach Kreuzberg geliefert" erinnert Striegnitz. "Die acht Gründer der Bäckerei waren sowohl gleichberechtigte Inhaber als auch Mitarbeiter." Das hat sich inzwischen verändert. Heute sind es neun Inhaber im Kollektiv und 28 Mitarbeiter an drei Standorten in Berlin. "Wir haben kein Mehrheitsprinzip im Kollektiv", erklärt Striegnitz, "alle Entscheidungen müssen einstimmig gefasst werden." Außerdem stechen die Bäcker noch mit einem anderen Prinzip hervor, von Anfang an waren Frauen und Männer gleichberechtigt. Sie bekamen gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
Damals war diese Gesellschaftsform weit verbreitet. "Viele kollektive Betriebe sind auch gescheitert, doch in letzter Zeit lebt der Gedanke wieder auf", meint Striegnitz. Sie haben von Anfang an nach dem Grundsatz gehandelt, "jedes Unternehmen muss daran interessiert sein, den gesellschaftlichen Frieden zu erhalten." Das war nicht immer leicht, doch die Bäckerei hat bis heute überlebt. "Wir hatten von Anfang an den Grundsatz, dass wir ein Bio-Betrieb sein wollten", sagt Andreas Striegnitz. Das wird auch einmal im Jahr kontrolliert. Vom Getreide bis zu den Gewürzen kommt alles aus biologischem Anbau. Für die Bäcker heißt Bio aber auch, dass viele Arbeiten, für die es heute Maschinen gibt, in Handarbeit ausgeführt werden. Es gibt zwar die großen Knetmaschinen, aber der Teig wird per Hand abgewogen und zu Ende geknetet, bevor er in den Ofen geschoben wird. Für Striegnitz hat Bio auch etwas mit handwerklichen Traditionen zu tun. "Das war auch ein Grund dafür, warum wir die Bäckerei gegründet haben, wir hatten keine Lust mehr auf die Massenware." Striegnitz verweist darauf, wenn man Qualität produzieren will, gehören auch Qualifikation und handwerkliches Können dazu. Der Erfolg gibt den Neuköllner Mehlwürmern Recht. Vor 15 Jahren bauten sie ein zweites Standbein in Kreuzberg auf, vor zehn Jahren dehnten sie sich nach Moabit aus. Heute kommt noch ein weiteres Angebot auf dem Wochenmarkt auf dem Boxhagener Platz im Friedrichshain.
Autor:Klaus Teßmann aus Prenzlauer Berg |
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