Der Neuköllner Ruben Lehnert (Die Linke) kandidiert für den Bundestag
Herr Lehnert, was ist Ihr Hauptthema für den Bundestag?
Ruben Lehnert: Wir müssen den Reichtum in Deutschland radikal umverteilen, damit die Mehrheit der Bevölkerung davon profitiert. Banken und Konzerne sollen wieder deutlich höher besteuert werden, damit genug Geld für gute Kitas, Schulen und Krankenhäuser zur Verfügung steht. Politische Entscheidungen dürfen nicht nur den reichsten Menschen nutzen, sondern müssen im Interesse der Mehrheit getroffen werden.
Wo sehen Sie die größten Probleme Neuköllns?
Ruben Lehnert: In der Arbeitslosigkeit, den niedrigen Löhnen und der daraus resultierenden Armut. Ein zweites großes Thema sind die Mieten, die ebenso wie die Nebenkosten für alle Neuköllner bezahlbar bleiben müssen. Das wichtigste Thema ist der gesetzliche Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde, für den ich eintrete, damit die Menschen wieder von ihrer Hände Arbeit leben können. Neukölln ist ein Zentrum der Aufstockerei. Fast jeder fünfte Erwerbstätige muss beim Jobcenter Sozialleistungen beantragen, obwohl er oder sie arbeitet. Zudem fordern wir in einem ersten Schritt eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze auf 500 Euro sowie eine Mindestrente von 1050 Euro. Nur so kann man Altersarmut vermeiden und den Menschen eine würdige Existenz ermöglichen.
Glauben Sie nicht, dass es den Mindestlohn bald nach der Wahl ohnehin geben wird, also auch andere Parteien ihn durchsetzen werden?
Ruben Lehnert: Das hängt vom Wahlergebnis, vor allem aber von außerparlamentarischem Druck ab. Selbst ein Mindestlohn, wie ihn SPD und Grüne propagieren, führt zu Armutsrenten. Wir fordern zehn Euro brutto pro Stunde als Untergrenze, weil man nur dann nach 45 Jahren Vollzeitarbeit eine Rente oberhalb der Grundsicherung bekommt. Das ist notwendig, denn auf die Bevölkerung rollt eine Armutswelle zu, für die CDU, SPD, FDP und Grüne verantwortlich sind. Sie haben mit Leiharbeit und Minijobs die Löhne gedrückt die Rente teilprivatisiert, das Rentenniveau abgesenkt und das Rentenalter auf 67 Jahre heraufgesetzt.
Welche weiteren Prioritäten haben Sie?
Ruben Lehnert: Ein großes Problem sind die Jobcenter. Die Behörde ist ein Zentrum für Lohndrückerei und Schikane. Ein großer Teil der Jobs, in die die Leute gedrängt werden, sind Zeitarbeitsjobs. Und das Neuköllner Jobcenter lehnt fast die Hälfte aller Anträge auf Mietschuldenübernahme ab und nimmt damit billigend Obdachlosigkeit in Kauf. Regelmäßig kommen Menschen zu uns mit ihren Jobcenter-Bescheiden und bitten uns um Hilfe.
Was könnte man gegen die explodierenden Mieten tun?
Ruben Lehnert: Mieterhöhungen müssen gesetzlich begrenzt werden. Zudem müssen die Rechte der Mieter gestärkt und neue Sozialwohnungen in großem Umfang öffentlich gebaut werden. In Neukölln treiben SPD und CDU die Mieten hoch, anstatt im Interesse der Mieter Luxussanierungen zu erschweren und Mieterhöhungen zu begrenzen, beispielsweise durch Erlass von Milieuschutzsatzungen und den Einsatz für ein berlinweites Zweckentfremdungsverbot.
Welcher Ort gefällt Ihnen in Neukölln am besten?
Ruben Lehnert: Das Tempelhofer Feld. Hier leben die Menschen ihre Hobbys kostenlos aus und praktizieren täglich das friedliche Miteinander verschiedener Kulturen und Generationen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ruben Lehnert: Ich träume davon, dass meine beiden Kinder in einer Welt ohne Hunger und Krieg aufwachsen, in der Hautfarbe, Nationalität und das Einkommen der Eltern nicht entscheidend sind.
Geboren wurde der Direktkandidat der Linken 1978 in Siegen. In Berlin und Paris studierte er Politikwissenschaften. Seit mehr als zehn Jahren engagiert sich der 34-Jährige, der mit seiner Lebensgefährtin und seinen beiden kleinen Kindern in Nord-Neukölln lebt, in der Friedensbewegung. In Neukölln baute er die Linke mit auf, war fünf Jahre lang Bezirksvorsitzender der Partei. In diesem Jahr kandidiert er nach 2009 zum zweiten Mal direkt für den Bundestag.
Autor:Sylvia Baumeister aus Neukölln |
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