Etwas andere Version von Kafkas "Verwandlung" im Heimathafen
."Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt." So beginnt eines der wichtigsten Werke Franz Kafkas, die 1915 erschienene Erzählung "Die Verwandlung". Aber während bei Kafka der verwandelte Gregor am Schluss frustriert feststellen muss, dass seine Käfer-Existenz unzulänglich und frustrierend ist, kann der Protaginist der Verwandlung im Heimathafen Neukölln durchaus etwas abgewinnen.
Zunächst aber ist es wie bei Kafka. Bei seiner Familie findet der plötzlich sechsbeinige und mit zwei Fühlern bestückte Textilmessevertreter Gregor Samsa wenig Mitgefühl. Stattdessen hagelt es Prügel und schließlich findet sich der einstige Ernährer der Familie in Einzelhaft in seinem ehemaligen Kinderzimmer wieder. Doch mit der Zeit stellt sich heraus: So schlecht ist sein neues Leben vielleicht gar nicht.
Regisseur Andreas Merz interpretiert Kafkas Erzählung für die heutige Zeit, in der ein Dasein in der sozialen Hängematte angesichts von Wirtschafts- und Finanzkrise verpönt ist. Und nimmt gleichzeitig die Leistungsträger-Krankheit Burnout auf die Schippe. Sie sei "die Tapferkeitsmedaille der Ehrgeizigen und Fleißigen", das "verdiente und verordnete Kürzertreten jenseits vom Stress der Arbeitswelt".
Auf der Bühne erörtern Alexander Ebert, Bärbel Bolle, Sascha Ö. Soydan und Frank Büttner die Frage, ob die, die sich von vornherein dem Leistungsdiktat entziehen, am Ende doch gar nicht so blöd sind. "Neukölln ist noch nicht überall, aber womöglich der Ort, an dem man am besten lernen kann, einfach aufzugeben", heißt es in "Der Käfer".
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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