Currywurst zum Nulltarif
„Curry-Paule“ hat eine Hilfsaktion gestartet – und fordert zum Nachmachen auf
Alle, denen es in Corona-Zeiten finanziell schlecht geht, können bei Curry-Paule vorbeikommen und sich eine Wurst plus Brötchen abholen. Möglich macht es die Hilfsaktion „#eine mehr“ des Imbissbesitzers und seiner Stammkunden.
In dem orangen Wagen an der Rudower Stubenrauchstraße 102 wird gebrutzelt und frittiert. An einer Stellwand davor sind Dutzende Karteikarten angetackert. „Einfach eine abreißen, an den Tresen gehen und es gibt eine Curry – ohne Bestellung, ohne Fragen“, sagt Curry-Paule alias Andreas Kämpf. Gespendet wurden und werden die Bons von treuen Kunden, die neben ihrer eigenen Bestellung für eine Wurst plus Brötchen bezahlen.
„Manche kommen aber auch, ohne selbst etwas zu essen und legen 2,10 Euro auf den Tisch, einfach um etwas Gutes zu tun“, so Kämpf. Er selbst packt jeden Tag pro Standort mindestens zehn Gratis-Portionen oben drauf – an der Stubenrauchstraße genauso wie am Imbiss Buckower Damm 7–9.
Bis mindestens Ende des Jahres wird die Aktion laufen. Sollten Gutscheine übrigbleiben, will Curry-Paule sie einer gemeinnützigen Einrichtung schenken, die sie dann an Bedürftige verteilt. Schließlich sollen die Spenden bis auf den letzten Cent bei den Menschen ankommen, die sie brauchen können.
„Möglichst viele Gastronomen sollten mitmachen“
Er hofft auf Nachahmer. „Möglichst viele Gastronomen, die noch offen haben, sollten mitmachen, egal ob Dönerbude oder Coffeeshop. Es ist so einfach zu helfen“, sagt Kämpf. Falls sich jemand dazu entschließt, würde es ihn freuen, wenn er ebenfalls den Hashtag „#eine mehr“ nutzt, um für größere Aufmerksamkeit im Internet zu sorgen.
Andreas Kämpf kam über Umwege zu seinen Imbissen. Geboren und aufgewachsen in der Siegfriedstraße nahe dem S-Bahnhof Neukölln, war er ein echtes Schlüsselkind, Mutter und Vater arbeiteten tagsüber. Nach der Schule gab’s ein schnelles Mittagessen bei Oma oder eine Stulle auf die Hand – und sofort war Andreas wieder draußen. Lernen war überhaupt sich nicht seins.
Mit 15 ging er von der Hauptschule ab und war heilfroh, eine Lehrstelle bei der Fleischerei Riedel an der Hermannstraße zu finden, auch wenn er eigentlich lieber Kfz-Mechaniker geworden wäre. „Mein Meister merkte allerdings schnell, dass ich kaum rechnen, lesen und schreiben konnte“, erzählt Kämpf. Also belegte er neben der Berufsschule Kurse an der Abendschule. Und siehe da: Nach einem mühsamen Beginn ging es plötzlich steil bergauf.
Bald gehörte er zu den besten Lehrlingen seiner Branche, 1986 war er mit 22 Jahren der jüngste Fleischermeister der Stadt. Er eröffnete eine eigene Fleischerei am Britzer Damm, wurde Verkaufsleiter für eine Supermarktkette, ging ins Ausland, machte sich mit drei Partnern selbstständig. Irgendwann besaß das Quartett in Rumänien 38 Läden und ein Fleischzerlegewerk.
Imbiss zu Ehren des Vaters
Im Jahr 2013 verkaufte Andreas Kämpf seine Anteile und kehrte nach Berlin zurück, um ein Versprechen einzulösen. „Mein Vater hat sich immer gewünscht, dass ich als Fleischer einen Imbiss eröffne“, erzählt Kämpf. „Früher sind wir jeden Samstag zum Markt auf dem Kranoldplatz gegangen und dort wurde Currywurst gegessen, mein Vater war ein begeisterter Fan.“
Also lieh sich Kämpf den Vornamen seines Opas und wurde zu Curry-Paule. Heute besitzt er fünf Imbissbuden und -wagen im Süden Berlins. Außerdem hat er Saucen, Ketchups und eine eigene Mayonnaise entwickelt. Seine neueste Errungenschaft: eine fix und fertige Currywurst im Glas, zum Erwärmen in der Mikrowelle oder im Wasserbad. „Schmeckt sogar kalt“, meint er.
Ganz nebenbei ist Kämpf auch ein Berliner Social-Media-Phänomen, auf Instagram folgen ihm 10 000 Menschen. Besonders beliebt sind seine täglichen Erklärungen der Speisekarte seines „Wurst-Sonderposten-Markts“, der Fleischerei am Britzer Damm.
Mehr erfährt man unter www.curry-paule.de.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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