"Katastrophaler Umgang mit Mietern"
Die Bewohner der Weißen Siedlung wehren sich gegen die Adler Group und verfassen Brandbrief
Mieterinnen und Mieter der Weißen Siedlung haben am 20. April gegen die Eigentümerin der Gebäude, die Adler Group, demonstriert. In einem Brandbrief fordern sie, die untragbaren Zustände in ihren Häusern, Wohnungen und im Umfeld schnellstens zu beheben.
Den Brief haben rund 900 Bewohner aus den knapp 1700 Haushalten in der Sonnenallee, Arons- und Dieselstraße unterzeichnet. Die Mängelliste ist lang. Sie reicht von Schimmel und undichten Fenstern über kaputte Heizungen und verstopfte Abflussrohre bis zu verdreckten Treppenhäusern und vermüllten Grünflächen. Silke Fehst von der Kiez-Initiative Weiße Siedlung meint: „Seit Jahren lässt die Adler Group unsere Wohnungen und Häuser systematisch verkommen. Regelmäßig sind die Aufzüge in den bis zu 18-geschossigen Häusern defekt. Personen mit Rollatoren und Familien mit Kinderwagen können dann tagelang ihre Wohnung nicht verlassen.“
Schlimm sei es auch den Bewohner der Aronsstraße 128 nach einem Brand Anfang Februar ergangen. „Die Hausverwaltung hat sich jeglicher Verantwortung entzogen und die Mieterinnen und Mieter ohne Wasser und Strom in ihren Wohnungen sitzen lassen. Bis heute sind die Folgen der Brände nicht behoben“, so Fehst. Auf Mängelanzeigen per Brief oder telefonisch reagiere die Adler Group nicht. Auch die Einladung zur Übergabe des Brandbriefs schlugen die Verantwortlichen aus.
Als „Skandal“ bezeichnet es die Kiez-Initiative, dass sich die Eigentümerin einerseits nicht um die Siedlung kümmere, andererseits aber möglichst viel Miete kassieren wolle. Sie ist auch aus dem Berliner Wohnungsbündnis ausgetreten. Darin verpflichten sich Wohnungsunternehmen und Genossenschaften in wichtigen Punkten gegenüber dem Land Berlin. So kann die Miete innerhalb von drei Jahren nur um maximal elf Prozent erhöht werden, und bei Haushalten mit Wohnberechtigungsschein darf die Miete nicht höher als 30 Prozent des Nettoeinkommens sein. Die Adler Group dagegen habe im vergangenen Spätsommer zahlreiche Mieterhöhungen von bis zu 15 Prozent verschickt, so die Bewohner in ihrem Brandbrief.
Zu ihren Unterstützern zählt die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen. Sprecherin Carmel Fuhg sagt: „Der katastrophale Umgang mit den Mieterinnen und Mietern zeigt, dass solche Immobilienkonzerne als Vermieter schlichtweg untragbar sind. Diese Wohnungen müssen dringend vergesellschaftet werden.“ Tatsächlich war die Weiße Siedlung, entstanden in den 1970er-Jahren, bis 2006 im Eigentum der kommunalen Wohnungsgesellschaft Bewoge. Nach Verkauf und Wiederverkauf fiel sie 2016 an die ADO Properties (heute Adler Group). In demselben Jahr lief auch die Sozialbindung aus.
Der Neuköllner Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Bündnis 90/Die Grünen) ist ebenfalls der Meinung, dass die Zustände in der Weißen Siedlung „letztlich das Ergebnis beziehungsweise die Folge der fehlgeleiteten Privatisierung“ seien. Das Bezirksamt stehe in Kontakt mit den Bewohnern und unterstütze sie, unter anderem mit Informationen und einer kostenlosen Mieterberatung.
Hilfe vom Bezirksamt
Mehrfach seien die Mieter auch darauf hingewiesen worden, die bezirkliche Bau- und Wohnungsaufsicht zu benachrichtigen, wenn die Adler Group auf Mängelanzeigen nicht reagiere. Die Weigerung, den Brandbrief entgegenzunehmen, stehe "leider sinnbildlich für die Haltung der Adler Group zu ihrer Verantwortung als Vermieterin“, so Biedermann. Er selbst sei bei der Demonstration gewesen und werde den Brief zum Anlass nehmen, sich an das Unternehmen zu wenden. Auch die Redaktion der Berliner Woche hat die Adler Group um Stellungnahme gebeten, ohne eine Antwort bis Redaktionsschluss zu bekommen.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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