Die Onlineplattform JugendNotmail hilft Jugendlichen in Krisensituationen
Berlin. „Jugendliche machen alles online, also suchen sie im Netz auch Hilfe“, sagt Asli Akin. Seit einem Jahr arbeitet die Psychologiestudentin ehrenamtlich bei der Onlineplattform JugendNotmail.
Erwachsene verklären gern Kindheit und Jugend als „die schönste Zeit des Lebens“. Sie laufen dabei Gefahr, dass sich ihre Töchter und Söhne bei Problemen ihnen gegenüber nicht öffnen. „Für viele ist es ein zu großer Schritt, zu den Eltern zu gehen“, sagt Asli Akin.
Bei JugendNotmail können sich Heranwachsende einfach und anonym anmelden und ihr Problem beschreiben. Innerhalb von wenigen Tagen antwortet einer der 88 ehrenamtlichen Berater und begleitet den Jugendlichen auch weiter. Die Anonymität hält Asli Akin aus mehreren Gründen für wichtig: Sie verringere die Scheu, Hilfe zu suchen, und verhindere, dass die Mitarbeiter Vorurteile entwickeln. „Wir sehen ja unsere Klienten nicht.“ Umgekehrt ist es genauso: Auch die Berater geben ihre Identität nicht preis.
Depressionen, Selbstmordgedanken, Essstörungen, Familienschwierigkeiten, Mobbing in der Schule und im Internet sind die häufigsten Probleme, die junge Leute quälen. „Wir bohren meistens gar nicht groß nach, sondern arbeiten zielorientiert und ermuntern zum Beispiel dazu, an die guten Momente im Leben zu denken“, erklärt Akin. Manchmal brauchen die Jugendlichen nur einen Anstupser.
Asli Akin nimmt nicht selten Klientinnen an, deren Familien aus arabischen Ländern oder der Türkei stammen. „Ihren kulturellen Hintergrund verstehe ich mit meinen türkischen Wurzeln natürlich besser als andere“, sagt sie. Viele der hilfesuchenden Mädchen fühlen sich eingesperrt, verurteilen aber gleichzeitig ihr Bedürfnis nach mehr Freiheit, weil es der familiären Moral widerspricht. „Ich sage ihnen dann: ‚Nein, du bist nicht unnormal, und dein Wunsch ist nicht unnormal.‘ Und dann überlegen wir, wie die ersten Schritte in ein zufriedeneres Leben aussehen könnten.“
Nicht immer können die Ehrenamtlichen allein helfen. Denn ein Therapieersatz sei die JugendNotmail nicht, so Akin. Dennoch ist sie von dem Angebot überzeugt: „Meine eigene Jugend liegt ja noch nicht lange zurück, und ich hätte mich über solch eine Austauschmöglichkeit gefreut.“
Apropos Austausch: Auf der Internetseite gibt es auch ein Forum, in dem die Jugendlichen miteinander chatten können. Das kann vielen bereits helfen und das Gefühl geben, mit ihren Problemen nicht allein zu sein. Die Berater haben ebenfalls die Möglichkeit, in einem Forum zu diskutieren; bei regelmäßigen Weiterbildungen lernen sie sich auch persönlich kennen.
Neue Mitstreiter sind immer willkommen. Sie sollten eine Ausbildung aus dem Bereich Psychologie, Sozialpädagogik oder Pädagogik mitbringen und sich drei bis vier Stunden in der Woche ihrer Aufgabe widmen. Gearbeitet werden kann überall dort, wo es einen Computer gibt. sus
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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