Die Sterne im Kiez: Zwei junge Frauen wollen Neuköllner Müttern das Leben leichter machen
Neukölln. In Neukölln gibt es etliche Anlaufstellen für junge Mütter, doch viele wissen nichts davon oder trauen sich nicht hinzugehen. Damit sich das ändert, gibt es die „Kiezsterne“. Zwei von ihnen sind Hülya Bilgic und Sarah Tarfa.
Hülya hat drei, Sarah vier Kinder. Beide sind verheiratet, Ende 20 und haben vor einiger Zeit einen Mutter-Kind-Treffpunkt für sich entdeckt. Hülya besucht seit sieben Jahren regelmäßig das „Shehrazad“ an der Roseggerstraße 9. Sarah ist seit zwei Jahren ein häufiger Gast bei „Wanda“ an der Donaustraße 88. „Ich bin total traurig, dass ich nicht schon viel eher hierhergefunden habe“, sagt sie. "Wanda" sei für sie eine zweite Familie geworden, hier könne sie über Dinge reden, über die sie mit sonst niemandem spricht. Hülya pflichtet bei: „Ich hatte früher keinen großen Freundeskreis, Shehrazad hat mir sehr geholfen.“
Ihre Begeisterung tragen sie weiter – sogar offiziell. Sarah ist seit einem Jahr „Kiezstern“, Hülya seit Kurzem. Das Ganze ist ein Ehrenamtsprojekt des Jugendamts, das gemeinsam mit vielen anderen sozialen Trägern in Neukölln organisiert wird. Mittlerweile gibt es 17 "Kiezsterne", die eine Schulung durchlaufen haben und sich gut in der Mutter-Kind-Szene auskennen.
Was tun die „Kiezsterne“? Sie unterhalten sich mit Müttern – auf dem Spielplatz, im Supermarkt, beim Spaziergehen, in der Kita. Erst müsse sie sie „aufschließen“, sagt Hülya, dann könne sie ihnen Unterstützung anbieten. „Manche fühlen sich so hilflos und wissen nicht einmal, wo es einen Kinderarzt gibt.“ Hülya spricht neben deutsch auch arabisch, türkisch und kurdisch, ein großer Vorteil im Norden Neuköllns. Sie erzählt den Müttern dann von Anlaufstellen wie Shehrazad, wo es viele Angebote für Frauen mit Kindern bis zu sechs Jahren gibt: Gruppen, Spielmöglichkeiten, Babymassage, Beratungen und natürlich, ganz wichtig, Austausch mit anderen Müttern.
Sarah sagt: „Eigentlich sollen wir als ‚Kiezsterne‘ im ‚Kinderwagenradius’ Kontakt zu Müttern aufnehmen, aber ich selbst komme aus Buckow und viele Besucherinnen von Wanda von noch weiter her.“ Sie hat über eine Freundin zum Treff an der Donaustraße gefunden, und sie nutzt jede Gelegenheit, für die Einrichtung Werbung zu machen. Sogar außerhalb der Stadt spricht sie Frauen an, wie neulich, als sie im „Tropical Island“ auf eine überforderte Mutter traf, die sich tatsächlich als Berlinerin herausstellte.
„Oft zögern gerade Frauen mit einem Neugeborenen zu lange, unter Leute zu gehen und fühlen sich ausgegrenzt. Ich begleite sie auf Wunsch auch zu den ersten Treffen, damit sie schneller Kontakt bekommen“, sagt sie.
Susanne Gewinner vom Jugendamt berichtet von guten Erfahrungen: „Ist der Weg in ein Familienzentrum erst einmal gefunden, wollen die Frauen nicht mehr weg.“ Das geht auch Hülya und Sarah so, sie möchten auf jeden Fall in Neukölln bleiben, nahe bei ihren Treffs und den dort gefundenen Freundinnen.
Waren die beiden bereits vor ihrer „Kiezsterne“-Zeit aktiv und engagiert, haben sie bei der Schulung doch dazugelernt. „Ich weiß jetzt, dass ich nicht immer und nicht jeder Frau helfen muss, gerade wenn ich selbst überlastet bin. Und ich weiß, dass es am allerwichtigsten ist, dass wir Spaß an der Sache haben.“ sus
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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