Eine Katastrophe: Proteste gegen Kündigungen in der Weißen Siedlung

"Es gibt hier sonst keinen Treffpunkt für uns", sagt Renate Böttner. | Foto: Schilp
5Bilder
  • "Es gibt hier sonst keinen Treffpunkt für uns", sagt Renate Böttner.
  • Foto: Schilp
  • hochgeladen von Susanne Schilp

Neukölln. Dem Jugendclub „Sunshine Inn“ und dem Nachbarschaftstreff „Sonnenblick“ in der Weißen Siedlung an der Sonnenallee 273 droht die Schließung. Der Gebäudeeigentümer hat ihnen überraschend zum Ende des Jahres gekündigt.

Dagegen haben Kinder, Jugendliche und Erwachsene am 7. November gemeinsam demonstriert. Unter ihnen Renate Böttner, die zu den Stammgästen im Sonnenblick gehört. Sie kommt regelmäßig zum Mittagessen und Freitagsfrühstück, zum Mietertreff und anderen Veranstaltungen. „Besonders für uns ältere Menschen ist das hier ganz, ganz wichtig“, sagt sie. Die Umstehenden nicken.

Geboten wird aber nicht nur etwas für Senioren, sondern für Anwohner jeden Alters und jeder Nation. Es gibt viele Beratungs- und Freizeitangebote. „Ich möchte, dass meine Enkeltochter weiter zum Basteln kommen kann“, erklärt eine Frau. „Mein Mann gibt hier Geigenunterricht“, eine andere.

Dass der benachbarte Jugendclub ebenfalls dichtmachen soll, finden auch die Älteren übel. Die Sozialarbeiter vom Träger „Outreach“ würden gute Arbeit leisten, die Jugendlichen beraten und unterstützen. „Sie hätten sich früher mal die Zustände in der Siedlung anschauen sollen, schlimm. Es ist viel besser geworden“, sagt Renate Böttner.

Einer der jungen Besucher brachte es bei der Demo auf den Punkt: „Alle, die jetzt hier draußen stehen, sind normalerweise drinnen, im Sunshine Inn. Wenn das zu ist, sind wir alle draußen. Und was sollen wir dort machen?“

Sozialstadtrat Jochen Biedermann (Bündnis 90/Die Grünen) sagt, eine Schließung der beiden Einrichtungen wäre „eine Katastrophe für die Weiße Siedlung“. Denn die soziale Situation ist schwierig, Anlaufpunkte werden dringend benötigt. Mehr als 4000 Menschen leben hier, rund zwei Drittel haben ausländische Wurzeln. Die Kinderarmut liegt bei fast 80 Prozent.

Eigentümer des Gebäudes ist der niederländische Immobilienfonds „Brandenburg Properties“, der sich in Berlin von einer Beraterfirma vertreten lässt. Die Verhandlungen seien schwierig, aber er habe trotzdem noch einmal zum Gespräch geladen, so Biedermann. Von der Kündigungsabsicht weiß er schon seit einigen Wochen, aber bisher sei von einer Verlängerung der Verträge bis Mitte 2018 die Rede gewesen. Erst vor ein paar Tagen kam plötzlich die Nachricht: Schon Ende des Jahres soll Schluss sein. Der Eigentümer wolle das Gebäude anderweitig nutzen. Punkt.

Was sowohl Hamza El-Khalaf vom Jugendclub als auch Nachbarschaftstreff-Leiterin Eveline Krawczyk besonders aufregt: Erst in diesem Jahr haben ihre Träger 35 000 Euro in die Sanierung der Räume gesteckt. Mit Wissen und ausdrücklicher Genehmigung der Eigentümer. Das Sunshine Inn hat zudem erst Anfang August eine ganz neue Gruppe für „Lückekinder“ aufgemacht, die zu alt für den Hort und zu jung für einen Jugendclub sind. Ein großer Erfolg. „Und dann kommt ein paar Monate später einfach die Kündigung“, ärgert sich El-Khalaf.

„Hier würde sich wirklich einiges ändern, wenn die Einrichtungen geschlossen sind“, meint Krawczyk. Nicht zum Guten, das wissen auch die Politiker. Biedermann hofft, dass gemeinsam mit der „ADO Sonnensiedlung“ eine Lösung, sprich eine neue Immobilie, gefunden wird. Die Gesellschaft hat 2016 den Wohnkomplex von „Brandenburg Properties“ gekauft – mit Ausnahme des Gebäudes, in dem Jugendclub und Nachbarschaftstreff ansässig sind.

Der SPD-Abgeordnete Joschka Langenbrinck hat sich an den Senat gewandt und um Unterstützung bei der Suche nach einem neuen Quartier gebeten. Auch er appelliert an den Eigentümer, zumindest die Kündigungsfrist zu verlängern. „Es ist ein sehr großer Druck, innerhalb von zwei Monaten eine Lösung zu finden.“ sus

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

30 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 134× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 87× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 487× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.082× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.