Rettungsanker für 400 Menschen
Internationaler Bund eröffnet saniertes Heim für Wohnungslose an der Lahnstraße
Eines der größten Berliner Heime für wohnungslose Menschen ist am 24. September an der Lahnstraße 56 eröffnet worden. Träger ist der Internationale Bund Berlin-Brandenburg (IB). Platz ist für 400 Personen. Das Besondere: Es gibt auch kleine Apartments für Familien.
Dass hier Wohnungslose leben, ist an und für sich nichts Neues. Die Einrichtung gibt es schon seit etlichen Jahren. Doch im April 2017 „platzte eine Bombe“, wie sich Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) erinnert. Die damalige Betreiberin der Einrichtung, die „Berlin Castle Betreuung und Begleitung GmbH“, teilte den knapp 200 Bewohnern mit, dass sie innerhalb weniger Tage ausziehen müssten.
Vorausgegangen war eine Insolvenz der Firma, die daraufhin ihren alten Namen „Professionelle Wohn- und Betreuungsgesellschaft“ (PeWoBe) ablegte. Unter dieser Bezeichnung hatte sie bereits einige Male für Negativschlagzeilen gesorgt. Bald darauf folgte ein Zerwürfnis mit dem Gebäude-Eigentümer, der den Mietvertrag nicht verlängerte.
„Sozialstadtrat Biedermann stand nun vor dem Problem, die Leute sofort unterbringen zu müssen. So haben wir uns damals kennengelernt“, sagt Breitenbach. Eine Lösung wurde glücklicherweise in kürzester Zeit gefunden. „Es war ein ganz schöner Kraftakt. Aber wir konnten den IB für die Übernahme des Wohnheims gewinnen, und der Eigentümer machte mit“, so Jochen Biedermann (Grüne). Alle Bewohner konnten bleiben. Damals besichtigte Biedermann zum ersten Mal das Gebäude. Es sei „hygienisch nicht im besten Zustand“ gewesen, sagt er und der Zuhörer merkt: Er untertreibt. Der IB zeigte sich bereit, das Wohnheim zu sanieren und zu erweitern.
Künftig sollten alle acht Etagen zur Unterbringung von Menschen genutzt werden. Besonders wichtig sei es ihm gewesen, Raum für Familien zu schaffen, betont Biedermann. Und erinnert sich an den Fall einer alleinziehenden Mutter von fünf Kindern. Sie musste ein Reihenhaus mit Garten räumen, weil sie es nicht mehr geschafft hatte, die Miete pünktlich zu zahlen. „Nun waren wir gezwungen, sie in einer Absteige unterzubringen.“
Zwölf Millionen Euro investiert
Das Wohnheim bietet eine Alternative. Rund zwei Millionen Euro hat der IB für die Sanierung ausgegeben. Es wurden eine neue Heizung installiert, für Brandschutz wurde gesorgt, Wände herausgerissen, Sanitäranlagen auf Vordermann gebracht oder Böden verlegt. Nun gibt es 22 Apartments für Eltern oder Alleinerziehende samt ihren Töchtern und Söhnen. Sehr einfach möbliert, aber immerhin ein sicheres Dach über dem Kopf, eine eigene Küche, ein Badezimmer. Sieben Familien mit 21 Kindern leben hier derzeit.
Jede Woche ziehen neue Bewohner ein
Die Einrichtung ist noch nicht voll belegt, aber jede Woche ziehen neue Bewohner ein. Insgesamt stehen 69 Einzel- und 109 Doppelzimmer zur Verfügung, außerdem Gemeinschaftsküchen, Wasch-, Aufenthalts- und Hauswirtschaftsräume. Ende September lebten hier 203 Männer und 31 Frauen. Feste Ansprechpartner sind zehn Sozialpädagogen und -betreuer sowie ein Heimleiter. Sie beraten und unterstützen die Wohnungslosen.
„Es ist wichtig, dass es Übergangsheime gibt, auch wenn die Übergänge immer länger dauern“, so Breitenbach. Grund: Es fehlt kostengünstiger Wohnraum. „Auch immer mehr Alleinerziehende und Schwerbehinderte stehen auf der Straße. Dazu kommen EU-Bürger, die hier in Berlin scheitern und keine staatliche Unterstützung bekommen – oft sind sie Opfer von Arbeitsausbeutung.“ IB-Geschäftsführer Niels Spellbrink ergänzt: „Mittlerweile kommen wohnungslose Menschen aus vielen Teilen der Gesellschaft: Alleinstehende und Paare, Junge und Ältere, Arbeitslose und Berufstätige.“
Die Senatssozialverwaltung hat begonnen, ein gesamtstädtisches Konzept dazu zu entwickeln. Teil davon ist die zweite Strategiekonferenz Wohnungslosenhilfe am 10. Oktober. „Ich kenne schon einige Ergebnisse. Etliches ist schnell umsetzbar und wird uns einen ganzen Schritt weiterbringen“, verriet Elke Breitenbach im Vorfeld. Auch im Bezirk wird etwas getan.
Es gebe fünf neue Stellen im Bereich „Prävention Wohnungsverlust“, so Biedermann. Sozialarbeiter gingen künftig auch direkt zu den Menschen, die Gefahr laufen, ihre Bleibe zu verlieren und schauten, ob ihre Mietverträge noch zu retten seien. „Mit jedem Mietvertrag, der verloren geht, geht auch eine bezahlbare Wohnung verloren“, so Sozialstadtrat Biedermann.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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