Rechtspopulismus in der Kindheit
Jugendstadtradt muss Äußerungen zu Erzieher-Broschüre nicht zurücknehmen
Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU) darf weiter davon abraten, die Kita-Broschüre „Ene, mene, muh – und raus bist du. Ungleichwertigkeit und frühkindliche Pädagogik“ zu nutzen. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.
Das Heft gibt Erzieherinnen und Erziehern Hinweise für den Fall, dass sie mit rechtspopulistischen Eltern in Kontakt kommen, wenn ein Kind sich beispielsweise rassistisch äußert oder ein Hakenkreuz malt. Herausgeber des Heftes ist die Amadeu-Antonio-Stiftung (AAS), benannt nach dem Angolaner, der 1990 von Eberswalder Neonazis totgeprügelt wurde. Das Bundesfamilienministerium hat die Publikation gefördert.
Falko Liecke vertritt die Meinung, die Broschüre schüre einseitig Vorurteile und rege zur Bespitzelung ganzer Familien an. Diese Haltung hatte er Ende vergangenen Jahres im Namen des Bezirksamts in einer Pressemitteilung öffentlich gemacht und Erziehern vom Gebrauch des Heftes abgeraten.
Die AAS stellte daraufhin einen gerichtlichen Eilantrag mit der Forderung, Liecke derartige Äußerungen und Empfehlungen zu untersagen. In ihren Augen hat der Stadtrat insbesondere gegen das Sachlichkeitsgebot verstoßen. Das Gericht teilte diese Auffassung nicht. So sei der Hinweis auf die einseitige Vermittlung von Vorurteilen „eine vertretbare Bewertung“, hieß es. Lieckes Pressemitteilung enthalte zudem keine wahrheitswidrigen Tatsachenangaben.
Debatte weiter führen
Die Amadeu-Antonio-Stiftung nehme die Entscheidung zur Kenntnis, auch wenn sie es nach wie vor für unzulässig hält, öffentlich von dem Heft abzuraten, heißt es in einer Erklärung. „Nun ist es dringend geboten, die Debatte um Rechtspopulismus in der Kita sachlich zu führen und das Wohl der Kinder wieder in den Vordergrund zu stellen“, sagt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Stiftung. „Die Handreichung entstand als Reaktion auf Bedarfe von Kitas und wurde aus der Praxis ausdrücklich gewünscht.“
Übrigens: Obwohl Liecke seine Pressemitteilung im Namen des Bezirksamt veröffentlicht hatte, war sie nicht mit dem Kollegium abgestimmt. Das sorgte für Verärgerung bei den Bezirksverordneten von SPD, Grünen und Linken, die das Heft positiv beurteilen (die Berliner Woche berichtete). Formalrechtlich ist das Verhalten des Stadtrats aber nicht angreifbar, da er nur für seinen Fachbereich gesprochen hatte.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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