Ein Problem kommt selten allein
Kündigung, Mietschulden, Wohnungsverlust: An der Sonnenallee wird Menschen geholfen
BeSoWo steht für „Besondere Soziale Wohnhilfe“, und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind gerade von der Aronsstraße an die Sonnenallee 311 gezogen. In den frisch renovierten Räumen beraten und begleiten sie Menschen, die Mietschulden drücken, die ihre Wohnung verloren haben oder in anderen Schwierigkeiten stecken.
Zu verdanken ist der Ortswechsel der Tatsache, dass der Evangelische Kirchenkreis Neukölln die Gebäude auf dem Grundstück übernommen hat, wo sich auch eine Kita, eine therapeutisch begleitete Wohngruppe und eine Mutter-Kind-Gruppe befinden. Zuvor war die evangelische Gemeinde Rixdorf Hausherrin.
„Wir feiern hier weiter unsere Gottesdienste und machen Gemeindearbeit, aber der Platz reicht auch für andere“, so Pfarrer Jürgen Fuhrmann. Weil jetzt der Kirchenkreis die Verantwortung trage und damit mehr Geld zur Verfügung stünde, sei es möglich gewesen, die ganze untere Etage für die BeSoWo umzubauen. Träger ist das evangelische Diakoniewerk Simeon.
Krisensituationen sind vielfältig
Beraten wird bei Mietrückständen, drohender oder bereits durchgesetzter Kündigung, bei Räumungsklagen und wenn aus dringendem Grund eine andere Wohnung gebraucht wird. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen und begleiten aber auch beim Umgang mit Behörden, bei der Arbeitssuche, beim Durchsetzen des Mindesteinkommens, bei persönlichen oder gesundheitlichen Problemen sowie bei Energieschulden.
Bürgermeister Hikel (SPD) und Sozialstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) waren bei der offiziellen Eröffnung der neuen Räume anwesend. Hikel sagte, gerade in einem so problematischen Viertel wie der Köllnischen Heide sei das Beratungsangebot sehr wichtig. „Wir haben immer ein offenes Ohr für Sie“, versprach er. Biedermann bezeichnete die BeSoWo als „guten und nicht wegzudenkenden Partner“, der schon seit über einem Jahrzehnt in Neukölln arbeite.
Zunehmend schwieriger
Übrigens sind bei der Beratungsstelle nicht nur Menschen aus dem Norden des Bezirks, sondern ausdrücklich aus allen Ortsteilen willkommen. In Zeiten von Mietsteigerungen und Wohnungsknappheit wird es allerdings zunehmend schwieriger, in Notsituationen schnell zu helfen. Und oft gehe es auch um mehr als nur ein einziges Problem, so Claudia Stern, Leiterin der BeSoWo. Sie nennt das Beispiel einer Frau, die mit drei Kindern bei ihren Eltern Unterschlupf fand – nach der Flucht vor ihrem gewalttägigen Ehemann. Doch auch bei den Eltern tauchte er auf, drohte und schlug. „Die Frau hatte ihr Zuhause verloren, keine Arbeit, Sorge um die Kinder und Angst“, so Stern.
Gespräche mit dem Jobcenter und die Einleitung eines Sorgerechtsverfahrens folgten. Nach intensiver Suche fand sich schließlich eine Wohnung in Reinickendorf. Doch dort gab es keine freien Schulplätze, obendrein verweigerte der Vater sein Okay zum Schulwechsel. So mussten die Kinder jeden Tag den weiten Weg nach Neukölln und zurück fahren. Zudem dauerte es drei lange Monate, bis das Jobcenter Geld für den Möbelkauf freigab. Inzwischen sei alles geregelt, Mutter und Kinder hätten sich im Norden Berlins gut eingelebt, so Stern.
Kindeswohl im Vordergrund
„Das Kindeswohl muss im Vordergrund stehen“, betont sie. Deshalb unterstütze sie auch die Forderung, die im neuen Strategiepapier zur Wohnungslosigkeit des Senats erhoben wird: Eine Räumung von Familien mit Kindern ist zu verhindern. Außerdem müsse das „geschützte Marktsegment“ ausgebaut werden, bei dem sich städtische Gesellschaften verpflichten, ein bestimmte Anzahl von Wohnungen Menschen zur Verfügung zu stellen, die von Obdachlosigkeit bedroht sind.
Sprechzeiten bei BeSoWo sind dienstags, 13 bis 16 Uhr und donnerstags, 10 bis 13 Uhr. Kontakt unter 6200840 und besowo-nk@diakoniewerk-simeon.de.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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