Neuer Anlauf beim Vorkaufsrecht
Neukölln will Übernahme von zwei Wohnhäusern durch Hamburger Immobilienfirma verhindern
Nach knapp zwei Jahren will der Bezirk Neukölln zum ersten Mal wieder sein Vorkaufsrecht für zwei Häuser in Milieuschutzgebieten ausüben. Nun wird eine kommunale Wohnungsgesellschaft oder eine Genossenschaft gesucht, die die Immobilien Weichselstraße 52 und Hermannstraße 223 übernehmen wollen.
„Altes Haus sucht neue Käuferin für glückliche Beziehung“ steht auf einem großen Transparent am Haus Weichselstraße 52, „Buy bye Investor. Welcome Gemeinwohl“ auf einem anderen. Am 31. Juli gingen die rund 60 Mieter der 21 Wohnungen auf die Straße, um sich Gehör zu verschaffen. Vor wenigen Wochen war das Wohnhaus an die Hansereal Gruppe verkauft worden. In einer Erklärung bringen die Bewohner ihre Sorge zum Ausdruck, dass alteingesessene Mieter verdrängt werden könnten, „um luxuriöse Eigentumswohnungen und Höchstmieten zu erwirtschaften“.
Doch das Bundesverwaltungsgericht hatte im November 2021 das Vorkaufsrecht weitgehend außer Kraft gesetzt. In der Begründung hieß es, dass die reine Mutmaßung, ein Investor könne Mieter verdrängen, keine ausreichende Grundlage für die Kommune bilde, ein Haus selbst zu erwerben. Doch der Neuköllner Stadtplanungsstadtrat Jochen Biedermann (Bündnis 90/Die Grünen) glaubt nun, eine Lücke gefunden zu haben. Ein Vorkauf sei nämlich weiterhin möglich, wenn ein Wohnhaus in einem schlechten Zustand sei oder teilweise leer stehe. Das sei laut Biedermann sowohl in der Weichselstraße der Fall als auch in der Hermannstraße 223, wo acht Mietparteien betroffen sind.
Aber die Zeit drängt, denn es gelten knappe Fristen. Weil der Bezirk selbst über keine Mittel zum Ankauf verfügt, muss er bis Mitte September eine städtische Wohnungsgesellschaft finden, die die Häuser in ihren Bestand aufnimmt. Ohne das Okay und einen kräftigen Investitionszuschuss des Landes Berlin wird das Ganze aber nicht funktionieren. Insbesondere Bausenator Christian Gaebler (SPD) und Finanzsenator Stefan Evers (CDU) sind gefordert. Die Gespräche laufen.
Die Bewohner in der Weichselstraße müssen erst einmal weiter bangen. „Die Mehrzahl von uns ist in Pflegeberufen, in der Kulturarbeit, Kunst und Bildung tätig. Viele haben ein geringes Einkommen und könnten die drohenden erheblichen Mietsteigerungen nicht bewältigen“, so eine Mieterin.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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