Neuköllner Wohnhäuser unter Quarantäne
Rund 400 Familien dürfen ihre Wohnungen nicht mehr verlassen
Wegen Corona-Fällen dürfen Bewohner von dreizehn Häusern ihre Wohnungen nicht verlassen – sie stehen mindestens zwei Wochen lang unter Quarantäne. Schwerpunkte liegen an der Treptower und Harzer Straße.
Insgesamt gibt es sieben Quarantäne-Orte im Bezirk mit 369 Haushalten. Über die genauen Adressen schwiegen Bürgermeister Martin Hikel (SPD) und Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU), die kürzlich über den Stand der Dinge informierten.
Nur der Block im Harzer Kiez mit seinen rund 130 Mietparteien war im Vorfeld der Öffentlichkeit bekannt geworden. Diverse Mitglieder einer christlichen Gemeinde, die den Gottesdienst besuchten, sind infiziert. Trotz aufwendiger Recherchen ist den Ausbruch zu rekonstruieren bis jetzt schwierig. Viele der Bewohner stammen aus Familien von bis zu zehn Personen, die sich nur wenige Zimmer teilten, so Hikel. „Corona ist bei den Ärmsten angekommen.“
Schulkinder positiv getestet
Auslöser für die Quarantäne waren drei Schulkinder, die sich mit dem Virus angesteckt hatten. „Wir stellten fest, dass sie alle im selben Haus leben“, sagte Liecke. Die Kinder aus den Klassen der Infizierten und deren Lehrer seien ebenfalls in Quarantäne geschickt worden. „Schulen schließen wollen wir nicht“, so der Stadtrat.
Inzwischen liegen Ergebnisse von 860 Tests vor, die in den Häusern gemacht worden waren, 101 von ihnen sind positiv (Stand: 25. Juni). Unter den Infizierten sind 39 Personen unter 18 Jahren.
Das Gesundheitsamt hat am 24. Juni mit einer zweiten Reihentestung begonnen. Ziel dieser Kontrollabstriche ist es, noch aktive beziehungsweise neue Infektionen bei den Personen in Quarantäne zu identifizieren
Viel Unterstützung für die Betroffenen
Sprachmittler, Integrationslotsen und Stadtteilmütter sorgten dafür, dass die oft aus Südeuropa stammenden Menschen über die Quarantäne-Regeln aufgeklärt würden, so Hikel. Das Technische Hilfswerk packe Care-Pakete. Außerdem werde angestrebt, jedes Haus von Sozialarbeitern betreuen zu lassen. „Wir sind mit dem Engagement-Zentrum in Kontakt, um Ehrenamtliche zur Unterstützung einzusetzen“, so der Bürgermeister. Er appellierte an die Presse, die Betroffenen nicht zu Interviews zu drängen oder zu brandmarken. Er setze auf Beruhigung und Information.
Die Grünen verurteilten indes die "diskriminierende Verallgemeinerung" einiger Medienberichte. "Wie bei anderen Infektionsgeschehen besteht auch hier kein Zusammenhang mit Nationalität, Religion oder vermeintlicher Herkunft. Das Corona-Virus kann jeden und jede treffen", heißt es in einer Erklärung. Nötig sei nun schnelle und unbürokratische Hilfe.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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