Sammeln von Spritzen & Co.
Sechs "Peers" sind im Körnerkiez unterwegs

Greifzangen und gelb-rote Eimer gehören zur Ausstattung der Mitarbeiter des Peer-Projekts. | Foto: Schilp
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Im vergangenen September ist am Körnerpark das „Peer-Projekt“ der gemeinnützigen Gesellschaft Fixpunkt angelaufen. Das Prinzip: Menschen, die selbst Drogen nehmen oder genommen haben, sammeln Spritzen und andere Überreste des Konsums von Heroin, Kokain & Co. ein.

Kürzlich luden Fixpunkt, Bürgermeister Martin Hikel (SPD) und Sozialstadtrat Hannes Rehfeldt (CDU) zur Vorstellung des Projekts ein. Treffpunkt waren die beiden Container von Fixpunkt, die am Körnerpark, nahe der Rübelandstraße, stehen. Einer dient zum Aufenthalt der Mitarbeiter, der andere als Lager für Sammeleimer, Greifzangen und mehr.

Die sechs Peers (auf Deutsch: Ebenbürtige) sind montags bis donnerstags von 10 bis 16 Uhr im Kiez unterwegs – rund um den Körnerpark, der Thomas- und Lessinghöhe. Jeder arbeitet 20 Stunden im Monat. Entlohnt werden sie dafür mit einer „Übungsleiterpauschale“, die dem Mindestlohn entspricht. Nach Feierabend gibt es das Geld bar auf die Hand. Dieses Modell hat den Vorteil, dass es an kaum eine Voraussetzung gebunden ist. Die Peers müssen keinen festen Wohnsitz haben, nicht einmal zwingend Papiere vorlegen. Notwendig ist allerdings, dass sie sich gegen Hepatitis impfen lassen.

Einer von ihnen ist der 39-jährige Robert. Der gebürtige Berliner nimmt seit Jahren harte Drogen. Das bedeutet nicht, dass er gegenüber anderen verantwortungslos ist. Wie jemand Spritzen im Gebüsch oder gar auf einem Spielplatz liegen lassen kann, will nicht in seinen Kopf. „Letztes Jahr haben Kinder auf dem Spielplatz an der Selkestraße sogar ein Drogenversteck gefunden, unmöglich“, sagt er. Schon lange hat er engen Kontakt zu Fixpunkt. Als das Peer-Projekt ins Leben gerufen wurde, war er sofort dabei.

Wie sich bei einem Rundgang zeigt, weiß er genau, wo er zu suchen hat. In einem dichten Gebüsch am Eingang zum Körnerpark ist der Boden bedeckt mit Verpackungen von Spritzen und destilliertem Wasser, das zum Drogenaufkochen gebraucht wird. Auch direkt neben einem gepflegten Spazierweg verschwindet Robert im Strauchwerk, taucht aber sofort wieder auf. Er wolle die beiden, die sich dort gerade einen Schuss setzen, nicht stören und komme später wieder.

Genug zu tun ist für die Peers allemal. Allein im vergangenen Jahr wurden in Neukölln über 50 000 Spritzen, Pumpen und weitere Überreste von Drogenkonsum eingesammelt. Die Hotspots sind entlang der U8 und zwischen den Bahnhöfen Hermannstraße und Neukölln, wo auch der Körnerkiez liegt. Fixpunkt will deshalb das Projekt ausweiten. Demnächst wird die existierende Sozialarbeiterstelle um eine Dreiviertelstelle ergänzt. Dann sollen auch drei neue Peers aufgenommen werden.

Diejenigen, die jetzt schon dabei sind, kämen gerne. Manche arbeiteten sogar unentgeltlich weiter, wenn sie ihr Stundensoll erfüllt hätten, so Robert Lager, Projektkoordinator bei Fixpunkt. Damit ist ein weiteres Ziel des Projekts erreicht: den Peers eine sinnvolle Beschäftigung und Tagesstruktur bieten. Sie sollen auch Ansprechpartner für Menschen und Einrichtungen im Kiez sein. Zudem sprühen sie neuerdings Piktogramme vor Kitas. Sie zeigen schaukelnde Kinder und sollen Drogenabhängige fernhalten.

Übrigens gibt es einen Ort, wo es in hygienischer Umgebung möglich ist, Substanzen zu spritzen, zu sniefen oder zu rauchen, nämlich den Drogenkonsumraum von Fixpunkt in der Karl-Marx-Straße 202. Doch dort kommt es manchmal zu Wartezeiten, und die hält offenbar nicht jeder aus. Robert hat jedenfalls erst neulich zwei Leute beobachtet, die sich direkt gegenüber, auf offener Straße, einen Schuss gesetzt haben. Auch das kann er nicht verstehen.

Greifzangen und gelb-rote Eimer gehören zur Ausstattung der Mitarbeiter des Peer-Projekts. | Foto: Schilp
In einem dichten Gebüsch am Körnerpark ist der Boden mit Verpackungen übersät. | Foto: Schilp
Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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