Mütter kämpfen um ihren Treffpunkt
Unbesetzte Stelle und Unsicherheiten bei den Honorarmittel sorgen im Shehrazad für Unruhe

Die Mütter fordern eine sichere Finanzierung ihres Familienzentrums. | Foto:  Theresa
  • Die Mütter fordern eine sichere Finanzierung ihres Familienzentrums.
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Die Mütter vom Familienzentrum Shehrazad in der Roseggerstraße 9 schlagen Alarm. Die Koordinatorin hat zu Ende Februar gekündigt, eine neue ist noch nicht eingestellt. Außerdem steht anscheinend eine empfindliche Kürzung der Honorarmittel in Aussicht.

Das Sherazad ist das einzige kommunale Familienzentrum in Neukölln und daneben das einzige, das sich ausschließlich an Frauen mit Kindern bis zu sechs Jahren wendet. Ein Schutz- und Freiraum, der dringend gebraucht wird, wie Gisela Fahlbusch, eine der Mütter, sagt. Das Haus ist täglich von 9.30 bis 17.30 Uhr geöffnet, auch am Wochenende. Mindestens 40 Frauen mit Kindern sowie Schwangere kommen jeden Tag vorbei, viele spontan. Sie tauschen sich aus, knüpfen Kontakte. „Manche treffen sich dreimal in der Woche zur Krabbelgruppe. Das ist wie ein zweites Wohnzimmer“, so Besucherin Antonia Restemeier. „Früher hatte man vielleicht eine große Familie, heute braucht es Zentren. Mir gibt das hier ganz viel“, ergänzt Gisela Fahlbusch.

Ob das alles so bleibt, ist fraglich. Denn die festangestellte Koordinatorin war im wahrsten Sinne des Wortes eine Schlüsselfigur. Sie ließ Besucherinnen auch dann ein, wenn gerade keine der Honorarkräfte da war. „Nun kann es sein, dass Frauen vor der Tür stehen“, so Fahlbusch. Die Mütter selbst und auch ehrenamtliche Helferinnen täten ihr Möglichstes, um Ausfälle aufzufangen. Das hätten sie auch in der Vergangenheit schon getan, aber das reiche nicht.

Ausschreibung läuft

Das Ausschreibungsverfahren für die Stelle laufe, es lägen auch Bewerbungen vor, so Bezirksamtssprecher Christian Berg. Nun müsse das Besetzungsverfahren abgewartet werden. Damit sind die Mütter nicht zufrieden. Sie fordern weniger Bürokratie und eine schnelle Lösung oder zumindest eine Zwischenlösung. Geeignete Interessentinnen für den Posten gebe es genügend. Allerdings fehlten den meisten die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiterin, auf die der Bezirk beharre. „Wir wollen aber, dass das Shehrazad weiterhin wie gewohnt öffnen kann, mit oder ohne staatliche Anerkennung“, so Fahlbusch.

Christian Berg hingegen hält eine Qualifikation als Sozialarbeiterin oder Sozialpädagogin für notwendig, um den Aufgaben in dem „interkulturell und feministisch ausgerichteten Familienzentrum mit hohem Beratungsanteil“ gerecht zu werden, wie er sagt. Die Einstellung einer Quereinsteigerin sei darüber hinaus verwaltungstechnisch sehr schwierig. Ein solches Prozedere könne ein Jahr lang dauern.

Doch die Stellenbesetzung ist nicht das einzige Problem im Shehrazad. Die Einrichtung lebt von den rund zehn Honorarkräften. Sie bieten Kurse an, in denen gespielt, sich bewegt und entspannt, musiziert und gesungen wird. Fachfrauen beraten zum Stillen, zu Gesundheits- und Entwicklungsfragen und empfehlen den Müttern weitere Anlaufstellen. Und sie fangen sie bei Problemen auf. Denn die gibt es in den meisten Fällen, wenn aus einem Paar eine Familie wird.

Ausweichen nicht möglich

Nun ist den Besucherinnen zu Ohren gekommen, dass die Honorarmittel um 15.000 Euro gekürzt werden sollen. In ihren Augen eine Katastrophe. „Rein rechnerisch müsste das Shehrazad dann Ende September für den Rest des Jahres schließen“, so Antonia Restemeier. Das Geld sei schon heute sehr knapp. Ein Ausweichen auf andere Einrichtungen komme ebenfalls nicht infrage. Das Familienzentrum am Körnerpark sei beispielsweise so überfüllt, dass sogar schon die Wartelisten für Kurse geschlossen werden mussten.

Bezirksamtssprecher Berg betont, dass von "Kürzungen" keine Rede sein könne. Allerdings habe das Shehrazad in den vergangenen zwei Jahren jeweils zusätzlich 15.000 Euro bekommen, die in anderen Bereichen abgezweigt werden konnten. Ob das wieder möglich ist, sei derzeit nicht absehbar. Immerhin könne er versichern, dass das Familienzentrum nicht geschlossen werde und der Betrieb aufrechterhalten bleibe.

Auch das ist keine Selbstverständlichkeit. Im vergangenen Sommer hatte der Neuköllner Bürgermeister Martin Hikel (SPD) angesichts drohender Haushaltskürzungen für den Bezirk eine Streichliste vorgelegt. Auch das Shehrazad stand zur Diskussion. Die Mütter protestierten lautstark und mit Erfolg. Der Mietvertrag wurde bis Herbst 2025 verlängert. Danach könnte sich allerdings einiges verändern. Laut Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD) ist es beispielsweise möglich, dass sich das Shehrazad in Zukunft Räume mit anderen Projekten teilen muss.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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