Beim Sportclub Lebenshilfe Berlin trainieren nicht nur Menschen mit Handicap
Rund 800 Sportler in 65 Gruppen zählt der „Sportclub Lebenshilfe Berlin“ (SCL). Das Besondere: Im Verein trainieren überwiegend geistig behinderte Menschen. Die Geschäftsstelle für die ganze Stadt ist vor einigen Monaten von Britz an die Mahlower Straße 27 in den Norden Neuköllns gezogen.
Die Lebenshilfe ist weder kirchlich noch anderweitig gebunden und vor vielen Jahren aus einer Elternvereinigung heraus entstanden. Die Hierarchien seien flach und der Verein offen, so Mario Greßmann, Leiter der Geschäftsstelle. Die Handikaps der jungen und älteren Sportler reichen von Trisomie 21 bis Autismus. Es gibt Blinde, Gehörlose, Amputierte, Spastiker.
Aber auch Menschen ohne Handicap sind willkommen. „Wir haben die Schutzräume geöffnet und waren schon inklusiv, als es das Wort noch gar nicht gab“, sagt Greßmann. In der 40-köpfigen Fußballtruppe an der Elbe-Schule, Schandauer Straße, darf beispielweise jeder in gemischten Mannschaften mitspielen: Jungs, Mädchen, Alte, Junge und Nicht-Behinderte. Auch bei der Seniorengymnastik in der Halle an der Wederstraße machen Menschen ohne geistige Einschränkungen mit. „Viele haben erst einmal Berührungsängste, nachher sind sie ganz glücklich. Bei uns schaut keiner danach, wie jemand aussieht oder ob das T-Shirt zu eng ist. Und bei uns wird geküsst.“
Auf dem Jubiläumssportplatz an der Bergiusstraße wird ebenfalls gekickt. Wenn das Bad an der Paster-Behrens-Straße wiedereröffnet, kann auch geschwommen werden, und mit Fertigstellung der behindertengerechten Halle auf dem Campus Rütli im übernächsten Jahr wird es endlich einen zentralen Anlaufpunkt geben.
Der SCL versteht sich als Breitensport- und nicht als Leistungssportverein, auch wenn er beachtliche Erfolge vorzuweisen hat: EU-Meisterschaft beim „Integrated Football“, eine eigene Berliner Scandic ID-Liga mit 25 Mannschaften, erfolgreiche Teilnahme bei den Special Olympics. Einer der Höhepunkte des Jahres ist das Internationale Sportfest des SCL, das am 8. September zum 38. Mal im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark stattfindet. Fast überflüssig zu erwähnen, dass auch regelmäßig Reisen auf dem Programm stehen.
Der Verein ist in der ganzen Stadt aktiv. „Wenn jemand ein Karate- oder Reitangebot sucht, vermitteln wir ihn gerne weiter“, verspricht Greßmann. „Und zu Schwerstbehinderten gehen wir in Wohn- und Werkstätten und trainieren dort mit ihnen.“ Auch Flüchtlinge liegen dem 48-Jährigen am Herzen. Manchmal würden behinderte Familienmitglieder einfach aus Scham versteckt. „Wir machen gerade Umfragen in den Heimen, ob Unterstützung gebraucht wird.“
Der Verein leistet aber noch mehr. Es gibt Elternberatungen zu Fragen wie: Welche Wohnmöglichkeiten gibt es für mein erwachsen gewordenes Kind? Wo kann ich es betreuen lassen, wenn ich einmal in Ferien fahren möchte? Wo finde ich die richtige Kita oder Schule?
Aber auch der SCL hat Unterstützung nötig. Er sucht dringend neue Helfer, die Gruppen anleiten oder mit ihnen etwas unternehmen. „Wer Lust und Muße hat, ist immer willkommen“, so Greßmann. Eine fachliche Qualifizierung ist nicht nötig. Wichtig sind Engagement, keine Berührungsängste, Interesse an Bewegung. Das Ganze wird mit zehn bis 13 Euro die Stunde honoriert, steuer- und anrechnungsfrei. Mehr als 2400 Euro dürfen aber im Jahr nicht verdient werden – das verträgt sich auch mit dem Bezug von Hartz IV.
Wer Spaß daran findet und dem SCL länger treu bleiben möchte, kann einen Übungsleiterschein machen, entweder innerhalb von zwei Jahren an Wochenenden oder in einem Express-Lehrgang in den Winter- und Osterferien. Der Schein kostet 800 Euro, davon bezahlt der SCL 700.
„Ist jemand erst einmal Übungsleiter, bleibt er es sein Leben lang, er muss nur alle vier Jahre eine Auffrischung machen“, so Greßmann. Er würde sich sehr über Verstärkung freuen. „Früher kamen viele Studenten zu uns, aber wegen der kurzen Bachelorausbildungen haben sie wenig Zeit und sind schnell wieder weg.“
[div class="docTextServiceText"]Der SCL ist unter info@scl.berlin und [span class="docTextPhone"][/span]62 98 24 00 zu erreichen.[/div]
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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