Unterricht mit Flossen und Flaschen: Kepler-Schule: Seit fast einem Vierteljahrhundert lernen Kinder und Jugendliche das Tauchen
Neukölln. An der Kepler-Schule können Kinder und Jugendliche eine nicht alltägliche Sportart kennenlernen: das Tauchen. Vor fast 25 Jahren hat der Informatik- und Mathelehrer Joachim Sperling das Projekt aus der Taufe gehoben.
Er kam Anfang der 90er-Jahre aus dem Osten Deutschlands an die Neuköllner Schule. Hier, an der südlichen Sonnenallee, herrschten andere Zustände, als er sie gewohnt war: Disziplinlosigkeit und ein oft rüder Umgang miteinander waren an der Tagesordnung. „Ich überlegte, wie Schüler lernen könnten, zusammenzuarbeiten, sich gegenseitig zu helfen und Regeln einzuhalten“, erzählt er. Schnell war für den leidenschaftlichen Taucher klar, dass bei seinem Sport genau diese Fähigkeiten zählen.
Nach „längeren Quengeleien“ hätten dann auch die Schulbehörden das Okay gegeben, Tauchen als Wahlpflichtfach anzubieten. Die damalige Hauptsorge hat sich längst als unbegründet erwiesen: „Seit 1993 hat es nicht einen einzigen Unfall gegeben“, sagt Sperling. Er geht auch vorsichtig zu Werke: Anfänger – das Mitmachen ist ab Klasse 7 möglich – üben erst einmal ein halbes Jahr lang im Schwimmbad, mit Maske, Schnorchel und Flossen. Erst dann kommt die Pressluft-Flasche ins Spiel, die Schüler bleiben immer noch im Pool.
Im Sommer wartet auf 30 Jungtaucher, die am Ball geblieben sind, das erste Highlight: Fünf Tage reisen sie an den Helenesee. Dort werden sie intensiv in Theorie und Praxis unterrichtet, lernen beispielsweise, ihre Geräte auseinander- und zusammenzubauen. Mit dabei sind außer Joachim Sperling auch seine Frau Viola, die den Sportunterricht an der Kepler-Schule koordiniert sowie ehrenamtliche Tauchlehrer, die Sperling nicht selten selbst ausgebildet hat.
Wer sich bewährt, wird belohnt. Die zehn besten Schüler dürfen im Herbst mit zur traditionellen zehntägigen Fahrt nach Kroatien. Bei der Auswahl zählen nicht nur ihre sportlichen Leistungen. „Wer sich nicht benehmen kann, den können wir nicht mitnehmen, wir wollen uns im Ausland ja nicht schämen“, sagt Sperling. Auf der Insel Solta vor Split beziehen die Sportler dann Quartier. Sparsamkeit ist notwendige Pflicht, auch wenn es Unterstützung vom Schul-Förderverein und von Sponsoren gibt. Die Herberge ist einfach, Selbstversorgung an der Tagesordnung, die Ausrüstung wird geliehen. Alle Betreuer arbeiten ehrenamtlich und bezahlen die Fahrt aus eigener Tasche.
Der tägliche Tauchgang entschädigt für alles. Jeweils ein erfahrener Lehrer geht mit zwei Neulingen auf Entdeckungstour unter Wasser. Zuvor kontrollieren immer zwei Schüler gegenseitig ihre Ausrüstung – vor dem letzten Check durch einen Experten. Das sind die eisernen Regel des Sports: Sicherheit geht vor, getaucht wird nie allein, jeder ist für den anderen verantwortlich.
Nicht nur der Teamgeist wird gestärkt, die Schüler werden auch zur Leistung angespornt. Der 15-jährige Mohamad beispielsweise taucht seit zwei Jahren und war bei der letzten Kraotien-Reise dabei. Darauf ist er stolz. „Das Tauchen macht Spaß, und man will einfach immer besser werden“, sagt er. Natürlich müssen die Schüler, bevor es zur Sache geht, Prüfungen ablegen und die gesundheitliche Tauglichkeitsprüfung bestehen, die übrigens das Bezirksamt bezahlt. Etliche bleiben dem Sport auch nach ihrer Schulzeit treu, einige sind bis heute als Betreuer in Kroatien dabei. Bildungsstadtrat Jan-Christopher Rämer (SPD), der kürzlich zu Gast in der Kepler-Schule war, war begeistert: „Ich möchte allen Beteiligten danke sagen. Sie zeigen wortwörtlich, wie tief man in ein Projekt eintauchen kann.“ sus
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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