Großer Sportler, mutiger Kämpfer
VVN-VdA übernimmt die Verantwortung für das Grab von Werner Seelenbinder

Am 2. August, dem Geburtstag von Werner Seelenbinder, wurde die Ruhestätte zum ersten Mal vom VNN-VdA bepflanzt. Zuvor war das Bezirksamt Neukölln für die Pflege zuständig. | Foto:  VNN-VdA
  • Am 2. August, dem Geburtstag von Werner Seelenbinder, wurde die Ruhestätte zum ersten Mal vom VNN-VdA bepflanzt. Zuvor war das Bezirksamt Neukölln für die Pflege zuständig.
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Werner Seelenbinder war der beste deutsche Ringer der Vorkriegszeit – und er war Widerstandskämpfer. Für sein Grab am Stadion Oderstraße 182 hat nun die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Verband der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ (VVN-VdA) die Pflege übernommen. Und die Mitglieder hoffen, dass dort möglichst bald die lang versprochene Stele für den Ausnahmesportler aufgestellt wird.

Schon vor sechs Jahren hatten die Neuköllner Bezirksverordneten eine Informationstafel beschlossen. „Aber dafür gab es weder Geld aus Bundes- noch aus Landesmitteln und auch der Bezirk schaffte es nicht, den Beschluss umzusetzen“, so Georg Kreuzer vom VVN-VdA. Voraussichtlich im Oktober werde sich der Kulturausschuss noch einmal mit der Angelegenheit beschäftigen und er hoffe, dass endlich Bewegung in die Sache komme. Sein Verband habe Kulturstadträtin Karin Korte (SPD) und Matthias Henkel, Leiter des Museums Neukölln, inzwischen einen Vorschlag für die Beschriftung der Stele, inklusive drei Fotos, vorgestellt.

Wer war dieser Werner Seelenbinder, der in der DDR als Held verehrt, in der Bundesrepublik lange Zeit fast vergessen wurde? Geboren wurde er im Jahre 1904, als Fünfjähriger kam er mit der Familie aus Stettin nach Berlin. Schon als Kind brannte er für das Ringen, als Jugendlicher trat er erst dem Friedrichshainer Athletikclub „Eiche 100“, dann um 1920 dem Neuköllner Arbeitersportverein „Berolina 03“ bei.

Spartakiade in Moskau

Hier feierte er seine ersten großen Erfolge. Im Jahre 1928 reiste Seelenbinder zur 1. Internationalen Spartakiade nach Moskau und gewann als einziger deutscher Arbeitersportler seinen Wettbewerb: Gold im Halbschwergewicht. Doch weil der sozialdemokratisch orientierte Dachverband, der Arbeiter-Athletenbund, seinen Mitgliedern die Teilnahme an der Spartakiade verboten hatte, schloss er Seelenbinder aus, der inzwischen in die KPD eingetreten war. Aus Protest wählten ihn seine Kameraden zum neuen Vorsitzenden. Prompt wurde der gesamte Verein ausgeschlossen, der sich daraufhin der Kampfgemeinschaft der Roten Sporteinheit zuwandte.

Mit den Nazis kam 1933 das Verbot der Arbeitersportvereine. Auf Drängen seiner Genossen wurde Seelenbinder Mitglied eines bürgerlichen Vereins. Die Absicht der KPD war, dem Spitzensportler eine Plattform zu geben, um Widerstand zu leisten. Es fiel dem gradlinigen Seelenbinder schwer, nach außen hin so zu tun, als stünde er hinter dem verhassten System.

Doch schnell setzte er ein Zeichen und bewies großen Mut. Bei der Ehrung zum Deutschen Meister im Halbschwergewicht im August 1933 verweigerte er demonstrativ den Hitlergruß. Die Gestapo verhaftete ihn und brachte ihn in das berüchtigte Columbia-Haus am Tempelhofer Feld. Nach seiner Freilassung wurde er gesperrt.

Erst kurz vor den Deutschen Meisterschaften 1935 durfte er wieder starten und holte den Titel. Auf seinen sportlichen Auslandsreisen arbeitete Seelenbinder weiter gegen das Hitler-Regime, unter anderem gab er Briefe weiter. Als die Olympischen Spiele näher rückten, die Berlin 1936 ausrichtete, planten die KPD und Seelenbinder eine spektakuläre Aktion. Er wollte die Siegerehrung zu einem Live-Interview im Radio nutzen, um auf die Unmenschlichkeit der braunen Machthaber aufmerksam zu machen. Doch dann wurde er nur Vierter, wahrscheinlich entmutigt von der Nachricht der Verhaftung einiger Genossen.

Zum Tode verurteilt

Wenig später schloss er sich der kommunistischen Widerstandsgruppe um Robert Uhrig und Alfred Kowalke an. Anfang 1942 wurde er gemeinsam mit anderen Genossen verhaftet. Es folgten Aufenthalte in unterschiedlichen Lagern, wo Seelenbinder immer bestrebt war, Mithäftlingen zu helfen und sie zur Solidarität aufzurufen. Im September, im vierten Prozess gegen die Uhrig-Gruppe wurde er zum Tode verurteilt und starb wenig später unter dem Fallbeil.

Neun Monate später, der Krieg war vorbei, wurde seine Asche am Eingang der Sportanlage Oderstraße beigesetzt und das Stadion erhielt den Namen ,,Werner-Seelenbinder-Kampfbahn”. Doch bald begann der Kalte Krieg. Im Westen tat man sich immer schwerer mit der Würdigung von Antifaschisten, besonders wenn sie Kommunisten waren. So wurde der Name ,,Werner-Seelenbinder-Kampfbahn” ohne offiziellen Beschluss von den Behörden nicht mehr verwendet. Erst 2004 erhielt die Sportanlage wieder den Namen Seelenbinders. Im Mai 2008 wurde der Ringer in die virtuelle Ruhmeshalle des deutschen Sports auf hall-of-fame-sport.de aufgenommen. Er zählte zu den Ersten so Geehrten.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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