Keiner war schlechter
Wie der SC Tasmania 1900 in die Bundesliga kam

Die Ränge im Olympiastaion blieben weitgehend leer, wenn Tasmania spielte. | Foto: Schilp
2Bilder
  • Die Ränge im Olympiastaion blieben weitgehend leer, wenn Tasmania spielte.
  • Foto: Schilp
  • hochgeladen von Susanne Schilp

Seit 2015 gibt es drei „Fußballrouten“ in Berlin. Hier finden Fans in radfahrerfreundlichem Abstand Infotafeln an Orten, wo Sportgeschichte geschrieben worden ist. Eine Strecke führt vom Brandenburger Tor nach Neukölln. Am Seelenbinder-Sportpark, Oderstraße 182, geht es um einen ganz besonderen Rekord: SC Tasmania 1900 gilt als der schlechteste Verein der deutschen Bundesliga.

Ein paar Jahre vor dem Desaster konnten sich die Erfolge der Tasmanen jedoch durchaus sehen lassen. Mitte der 50er-Jahre waren die Neuköllner mit drei Berliner Meisterschaften und fünf Berliner Pokalsiegen die führende Mannschaft im Westteil der Stadt.

Doch als 1963 die Bundesliga gegründet wurde, gingen sie überraschenderweise leer aus. Denn nach langer Diskussion hatte der Deutsche Fußball-Bund entschieden, keinen Mittelwert aus den Leistungen der vergangenen Jahren zu bilden, sondern dem amtierenden Berliner Meister den Zuschlag zu geben. Deshalb zog Hertha BSC zog in die Bundesliga ein.

Doch schon zwei Jahre später kam es zu einem handfesten Skandal. Bei einer Kontrolle der Hertha-Kassenbücher wurde ein erheblicher Fehlbetrag festgestellt. Der Verein hatte einige Spieler mit unerlaubtem Handgeld an die Spree gelockt. Er flog aus der Bundesliga.

Nun hieß es, einen Nachrücker für die Saison 1965/1966 zu finden. Denn koste, was es wolle, West-Berlin sollte auf jeden Fall im fußballerischen Oberhaus vertreten sein. Das war für viele Menschen in Zeiten des Kalten Krieges allein aus politischen Gründen wichtig. Schließlich bestimmte der DFB: Die Tasmanen müssen ran. Für die Spieler kam diese Order völlig überraschend. Einige konnten nur per Radio-Reiseruf aus dem Urlaub zurückgeholt werden.

Und nun galt es, unter Zeitdruck eine konkurrenzfähige Mannschaft zu formen. Viele der frischgebackenen Erstligisten standen plötzlich vor dem Problem, ihren Chefs klarzumachen, dass sie vorerst nicht mehr am Arbeitsplatz erscheinen würden.

Das Ganze konnte nicht klappen, und es klappte auch nicht. Tasmania hatte am Ende der Saison nur zwei Spiele gewonnen. Die Bilanz: 15:108 Tore und 8:60 Punkte. Der Verein landete weit abschlagen auf dem letzten Tabellenplatz, stieg ab und spielte in der Regionalliga. Die finanziellen Folgen waren aber gravierend: 1973 meldete Tasmania 1900 Konkurs an, gründete sich jedoch gleichzeitig als „SV Tasmania Neukölln 73“ neu.

Die Ränge im Olympiastaion blieben weitgehend leer, wenn Tasmania spielte. | Foto: Schilp
Auf einer Tafel an der Oderstraße finden Fußballfreude Fotos und Informationen. | Foto: Foto: Schilp
Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

30 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 18× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 723× gelesen
Gesundheit und Medizin
Das Dominikus Krankenhaus informiert zur Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Moderne Behandlung bei Hüft- und Knieschmerzen
Informationsabend Robotik-Chirurgie

Hüft- und Knieschmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität und werden oft durch Verschleiß, Unfälle oder Fehlstellungen verursacht. Moderne Technologien wie die Robotik-Chirurgie bieten neue Möglichkeiten für eine präzisere und minimalinvasive Behandlung. Am 4. Januar laden wir Sie herzlich zu einem Informationsabend ein, bei dem Chefarzt Tariq Qodceiah, Leiter des Caritas Hüftzentrums, die Vorteile der Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen erläutert. Er erklärt, wie diese innovative...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 9× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.