"Wir nehmen ganz viele Ideen mit"
Chilenen informieren sich in Neukölln über Erfahrungen in puncto Nachhaltigkeit
Es ging um Müllvermeidung, Umweltschutz und Kreislaufwirtschaft: Vom 13. bis 17. Oktober war eine siebenköpfige Delegation aus dem chilenischen San Pedro de la Paz zu Gast im Bezirk. „Neukölln ist ein bisschen wie ein großer Bruder für uns. Eine fantastische Möglichkeit zu erfahren, was funktioniert und nicht funktioniert“, sagte Audito Rematal Lazo, Bürgermeister der Kommune.
Die Partnerschaft kam im Rahmen des EU-Programms „International Urban Cooperation zustande, bei dem Neukölln die Stadt Berlin vertritt. Bereits im Frühjahr war eine Abordnung aus dem Bezirk zum Besuch nach Chile gereist. Das rund 13 000 Kilometer entfernte San Pedro de la Paz gehört zur Stadt Concepción und hat rund 137 000 Bewohner.
Cordula Simon, Leiterin der Stabstelle Dialog und Zukunft im Bezirksamt, war mit auf Reisen. Zum ersten Mal in Südamerika, staunte sie darüber, dass es ihr dort gar nicht so fremd vorkam wie erwartet. „Wir haben einige Gemeinsamkeiten, aber auch einige Unterschiede“, bestätigt Bürgermeister Lazo.
So hat seine Gemeinde, wie Neukölln, mit wilden Müllkippen zu kämpfen, dort sind sie zwar größer, aber dafür nicht an jeder zweiten Ecke zu finden. Noch in den Kinderschuhen steckt die allgemeine Abfalltrennung. Umso interessanter für die Chilenen, einen BSR-Recyclinghof, die Wertstofftrennung bei Alba und eine Biogasanlage zu besichtigen. Auch über kleinere Projekte wurde gesprochen. „Etwa darüber, wie ein chilenisches Start-up-Unternehmen unterstützt werden könnte, das aus Holzspänen, die in einem Betrieb anfallen, Pellets zum Heizen herstellen möchte“, so eine Neuköllner Workshopteilnehmerin.
Wie sensibilisiert man Menschen
für Umweltschutz?
Eine der weiteren Diskussionspunkte: Wie kann die Bevölkerung für Fragen des Umweltschutzes sensibilisiert werden? Ein ganz praktisches Ergebnis war ein „Wahlkorb“, wie es ihn, in größerer Ausführung, in Spandau bereits gibt. Das Prinzip: An einem Metallbehälter mit zwei Einwürfen kann der Raucher per Kippe über eine unterhaltsame oder politische Frage abstimmen. Die Stummel bilden hinter einer durchsichtigen Scheibe zwei Stapel und zeigen, welche Antwort beliebter ist. Bei der Spandauer Aktion "Kippen in den Kasten" ist aktuell auch die Berliner Woche beteiligt. Den Prototypen hängten die Bürgermeister Audito Rematal Lozo und Martin Hikel im Karma-Kultur-Garten am Richardplatz auf. Die erste gestellte Frage „Wer kümmert sich um meinen Müll?“ (mögliche Antworten „Ich“ und „Die Stadt“) ist dabei sicherlich eher rhetorisch zu verstehen.
Bewertungen haben ergeben, dass der Kippen-Wahl-O-Mat beliebter ist als ein normaler Aschenbecher. Rund 46 Prozent Zigarettenstummel weniger landen auf der Straße. „Wir wollen künftig mehr mit dem Faktor Spaß arbeiten“, sagt Cordula Simon. Nun werde darüber nachgedacht, die Abstimmungsboxen auch am Kiosk auf dem Reuterplatz und vielleicht auch vor dem Rathaus aufzuhängen. „Möglich ist auch, auf diese Weise Kronkorken zu sammeln“, meint sie.
Martin Hikel würde sich freuen, wenn der „Bollat Bin“ – so die englische Bezeichnung für den alternativen Aschenbecher – auch seinen Weg nach Chile fände. Für seinen Amtskollegen aus San Pedro de la Paz steht jedenfalls fest, dass er es nicht bei den beiden Treffen belassen will. „Wir nehmen ganz viele Ideen mit. Bei uns zu Hause beginnt gerade der Frühling, ein guter Zeitpunkt, Samen auszustreuen.“
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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