Das Ende einer Tradition?
Weinanbau in Neukölln nach vier Jahrzehnten beendet – Rebstöcke müssen Schulhof weichen

So sah es noch vor wenigen Jahren am Dammweg aus. Vorne wird gegärtnet, dahinter stehen die Rebstöcke. | Foto: privat
3Bilder
  • So sah es noch vor wenigen Jahren am Dammweg aus. Vorne wird gegärtnet, dahinter stehen die Rebstöcke.
  • Foto: privat
  • hochgeladen von Susanne Schilp

Der grüne Bezirksverordnete Bertil Wewer ist stinksauer: Mehr als 40 Jahre lang wurde am Dammweg 216 Wein angebaut. Nun ist das Geschichte. Die rund 300 Stöcke müssen umziehen. Ob sie überleben, ist fraglich. Wewer wirft dem Bezirksamt vor, wissentlich Informationen zurückgehalten zu haben.

Zum Hintergrund: Die rund 1600 Quadratmeter große Weinbaufläche ist Teil eines 70 Jahre alten und 1,2 Hektar großen Schulgartens, in dem es auch alte Obstbäume und einen denkmalgeschützten Pavillon von Bruno Taut gibt. Bis vor anderthalb Jahren bewirtschaftete ihn die Carl-Legien-Schule, die ihren Hauptsitz an der Leinestraße hat. Doch dann gab sie den Zweig Landschaftsbau ab.

Seitdem setzt sich Bertil Wewer vehement für den Erhalt des Gartens und der Rebstöcke ein. Der Verein Agrarbörse, der den Weinberg am Britzer Koppelweg betreibt, konnte für die Pflege gewonnen werden. Wiederholt fragte Wewer in Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) nach der Zukunft des Geländes.

Nachricht kam zu spät

Das hat seinen Grund, denn seit längerer Zeit war klar, dass Neukölln einen Teil davon für die benachbarte Sonnen-Grundschule braucht. Dort wird gerade ein Erweiterungsbau hochgezogen, deshalb muss ein neuer Schulhof her. Die Eigentümerin des Gartengeländes, die landeseigene Berliner Immobilien Management GmbH (BIM), erklärte sich bereit, dem Bezirk ein Areal zu übertragen.

Dass es sich dabei aber exakt um die Weinbau-Fläche handelt, erfuhren die Bezirksverordneten erst in diesem Januar. „Mit dem ehemaligen Bildungsstadtrat Jan-Christopher Rämer hatte Einigkeit darüber bestanden, die Reben zu erhalten und den neuen Pausenhof ein Stück daneben anzulegen“, erklärt Wewer. Dort befinden sich Gewächshäuser, die nicht mehr genutzt werden. Er ärgert sich maßlos darüber, dass das Bezirksamt erst jetzt mit der schlechten Nachricht herausgerückt ist. „Die Verantwortlichen müssen es seit etlichen Monaten gewusst haben, ich fühle mich total verschaukelt“, sagt er.

Die Weinstöcke mussten jetzt in aller Eile ausgebuddelt und an den Koppelweg gebracht werden. „Wir werden versuchen, sie dort zum Anwachsen zu bringen“, sagt Günter Räder, Geschäftsführer der Agrarbörse. Kein leichtes Unterfangen. Sechs Sorten wuchsen 45 Jahre lang am Dammweg, darunter Chardonnay und weißer Ortega. Es war gute Tradition, den Rebensaft jedes Jahr auf dem Rixdorfer Weihnachtsmarkt zu versteigern.

Und wie geht es weiter?

Was mit dem Rest des ehemaligen Schulgartens geschieht, ist noch nicht sicher. Die Senatsverwaltung erwägt, dort ein Oberstufenzentrum zu bauen. „Doch nicht vor 2028“, sagt Wewer. Auch dass die Prinzessinnengärten, die am Moritzplatz öffentliches Gärtnern anbieten, sich hier ansiedeln, ist im Gespräch. Entscheiden wird letztendlich die BIM. Geht es nach den Neuköllner Bezirksverordneten, soll der alte Schulgarten jedoch erhalten bleiben. So haben sie es im September vergangenen Jahres einstimmig bei der BVV beschlossen.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

30 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 91× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 45× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 455× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.056× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.