Großstadtdschungel unter der Hermannstraße
Dichtes Gedränge, weite Wege und jeden zweiten Tag streikt die Rolltreppe - das Umsteigen von der U7 in den Ring am Bahnhof Neukölln mutet sich nicht freiwillig zu, wers entspannt mag. Doch weil der Abschnitt der U8 zwischen Boddin- und Hermannstraße schon seit August saniert wird und daher gesperrt ist, haben Nord-Neuköllner mit dem Ziel Südring derzeit kaum Alternativen. Ein Licht am Ende des Tunnels ist aber buchstäblich in Sicht: Im Spätsommer wollen die Berliner Verkehrsbetriebe die Streckensanierung auf der U8 abschließen, inklusive sämtlicher Reparaturen plus Schönheitskuren an den U-Bahnhöfen Leine- und Hermannstraße.
Auf einen genauen Termin mag sich die BVG noch nicht festlegen. "Wir planen, im Laufe des Septembers mit der U8 wieder in Betrieb zu gehen", sagt Ralf Baumann, Bereichsleiter Infrastruktur bei den Verkehrsbetrieben.
Der U-Bahnhof Hermannstraße dürfte dann wohl kaum wiederzuerkennen sein. Die Station steht im Gegensatz zur Leinestraße nicht unter Denkmalschutz, was der BVG mehr Spielraum gibt, sie modern zu gestalten. Der U-Bahnsteig bekommt einen hellen Natursteinboden und etwas höhere Decken; der Bahnhof wird insgesamt heller und freundlicher. Weil sich in den Nischen der Verteilerhalle zu oft zwielichtige Gestalten aufhielten, soll die renovierte Halle ohne verwinkelte Ecken auskommen. Erleuchtete Glaswände, durchgehende Treppen ohne Absätze und vor allem Fliesen, die sich von Grafitti befreien lassen - der neue U-Bahnhof Hermannstraße könnte ein Schmuckstück werden. Zumal sich die BVG auch fürs Design der Wände und Stützen etwas Besonderes hat einfallen lassen. Zum neuen, weniger bläulichen Grün der Fliesen gibt es passende Naturmotive. "Großstadtdschungel" lautet das Thema. Die Sanierung des U-Bahnhofs Hermannstraße hatte die BVG dabei eigentlich noch gar nicht auf dem Zettel. Schließlich ist er noch keine 20 Jahre alt. Begonnen hatten die Bauarbeiten zwar schon in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Doch Wirtschaftskrise und Krieg stoppten das Projekt. Die bereits fertiggestellten unterirdischen Räume dienten im Krieg als Luftschutzkeller.
Erst als 1993 der S-Bahnring komplett war, ließ die BVG auch den U-Bahnhof Hermannstraße zu Ende bauen. 1996 ging er in Betrieb. Schon wenige Jahre später aber traten erste Mängel auf. Unter anderem fielen die Fliesen von den Wänden. "Wir vermuten, dass damals Kunststoffkleber verwendet wurde", erläutert Uwe Kutscher, Abteilungsleiter Bau der BVG. "Der war gänzlich ungeeignet." Auch in puncto Anstrich lief so einiges falsch - bröckelnder Putz und Feuchtigkeit waren die Folge. So nutzte die BVG die Gelegenheit der einjährigen U8-Unterbrechung und zog den Bahnhof Hermannstraße kurzerhand vor. "In fünf Jahren wäre er ohnehin fällig gewesen", sagt Uwe Kutscher. "Wir reden hier aber nicht von einer klassischen Grundinstandsetzung, das Ganze läuft noch unter Reparatur". 1,5 Millionen Euro kostet zwar auch die, kommt die BVG aber weitaus günstiger, als das Sanierungsprojekt keinen Kilometer weiter nördlich an der Leinestraße.
Im 1929 eröffneten U-Bahnhof hatten die Bauleute im vergangenen Sommer so massive Schäden am Beton der Deckenkonstruktion festgestellt, dass sie den Einsturz der nur wenige Meter darüber liegenden Fahrbahn fürchten mussten.
Rund sechs Millionen Euro steckt die BVG nun in die Sanierung des U-Bahnhofs Leinestraße.
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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