8000 Kilometer langer Weg zur Arbeit
77 Lehrlinge und Studenten starten ihr Berufsleben bei Vattenfall – zwei kommen aus Südkorea
Das Ausbildungszentrum an der Naumburger Straße 15 ist am 1. September 40 Jahre alt geworden. Früher betrieb es die Bewag, heute ist es in den Händen des Energiekonzerns Vattenfall. Einen Tag nach dem runden Geburtstag traten 77 junge Frauen und Männer als Azubis oder Dualstudenten ihren Dienst an.
Die Azubis hatten die Wahl zwischen fünf Berufen: Anlagenmechaniker, Elektroniker Betriebstechnik, Elektroniker Automatisierungstechnik, Industriemechaniker und Mechatroniker. „Wir hatten 1700 Bewerbungen auf die Stellen“, so Stefan Hadré, Personalvorstand bei Vattenfall. Wer angenommen wird, hat gute Zukunftsaussichten: Durchschnittlich 98 Prozent schaffen ihre Abschlussprüfung, fast alle werden übernommen. Die Durchschnittsnote liegt mit 2,4 in allen Berufsbildern über dem Durchschnitt der Industrie- und Handelskammer.
Toptechnik, aber Frauenmangel
Für die Azubis ist das Zentrum an der Naumburger Straßen der Dreh- und Angelpunkt. Auf rund 10 000 Quadratmetern gibt es Werkstätten, Schulungs- und PC-Arbeitsräume und Büros. Weil die Digitalisierung fortschreitet, wurden in den vergangenen drei Jahren die Werkstätten für die elektronischen Berufe weiter ausgebaut und mit interaktiven Whiteboards, Notebooks und Tablets ausgestattet. Neben CNC-Fräsen, Bohrmaschinen und speicherprogrammierbaren Steuerungen findet man einen 3D-Drucker und einen topmodernen Schweißsimulator.
„Wir würden uns aber freuen, wenn wir noch mehr junge Frauen begeistern könnten“, sagt Hadré. Immerhin ist ihr Anteil gestiegen, im aktuellen Jahrgang sind 14 Prozent der Azubis weiblich, der Durchschnitt – über alle drei Ausbildungsjahre gesehen – liegt bei zehn Prozent.
Um mehr weibliche Nachwuchskräfte für technische Berufe zu interessieren, ist Vattenfall eine Kooperation mit der Initiative EnterTechnik eingegangen: Dort können sich junge Frauen ausprobieren und unterschiedliche Einsatzgebiete kennenlernen. Das macht Vattenfall für vier Mädchen pro Jahr möglich. Mit Erfolg. Eine des 2018er-Quartetts entschloss sich für eine Ausbildung zur Elektronikerin für Betriebstechnik, eine weitere folgt in diesem Jahr.
Auch auf Seiten der Lehrenden hat sich etwas getan. Die erste weibliche technische Ausbilderin startete 2007 eine Lehre zur Mechatronikerin, legte später ihre Meisterprüfung ab und gibt seit 2015 ihr Wissen an Azubis weiter.
Die Auszubildenden mit der weitesten Anreise, nämlich rund 8000 Kilometer, sind die Südkoreaner Young Hwan und Dokyun. Sie waren im Rahmen einer Schulpartnerschaft nach Berlin gekommen und hatten ein Praktikum bei Vattenfall absolviert. Nun beginnen sie eine Lehre zum Elektroniker für Betriebstechnik. Mit dem Deutschunterricht haben die beiden in Südkorea bereits vor ihrem Praktikum begonnen. Die Antwort auf die Frage, was sie besonders reizvoll an einer Ausbildung in Deutschland finden, lautet: die viele Freizeit.
Perspektive für Philip-Morris-Azubis
Perspektiven will der Energiekonzern übrigens auch neun jungen Leuten bieten, die derzeit bei Philip Morris ihre Ausbildung machen. Das Unternehmen schließt zum Jahresende, Vattenfall übernimmt die Azubis.
Insgesamt arbeiten in Berlin arbeiten rund 4000 Menschen bei dem Energiekonzern, davon sind 300 in Ausbildung.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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