Anwohnerinteressen versus Gaststättenbetrieb
Grundlage für Verbote schaffen: Bestandsaufnahme von Kneipen und Cafés im Reuterkiez
Im Reuterkiez sollen keine weiteren Kneipen und Cafés genehmigt werden – das wünschen sich nicht nur viele Anwohner, sondern auch die Bezirksverordneten. Ende 2017 haben sie das Bezirksamt gebeten, dafür die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Nun informierte Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) über den Stand der Dinge.
Erst einmal habe er Verantwortliche anderer Bezirke eingeladen, die über große Erfahrung mit Partymeilen verfügen, nämlich aus Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick. Es ging unter anderem um die Möglichkeit, neue Bebauungspläne für Kneipenzonen zu erarbeiten, die die Ansiedlung von Gastronomie untersagen. Das wurde jedoch einhellig verworfen. „Es wäre einerseits sehr langwierig und aufwändig und andererseits sind die Erfolgsaussichten auf eine rechtssichere Festsetzung sehr gering“, so Biedermann.
Also sei mit den vorhandenen Möglichkeiten zu arbeiten. Der Reuterkiez gilt als „Allgemeines Wohngebiet“. Hier dürfen bestimmte Gewerbe nur untersagt werden, wenn eine „unverträgliche Häufung“ oder eine „Störung der gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse“ vorliegt.
„Beides haben wir doch längst“, sagt eine Frau, die an der Weserstraße wohnt. Nächtlicher Kneipenlärm ist hier nicht die Ausnahme, sondern belastende Normalität. Auf der anderen Seite steht jedoch die Gewerbefreiheit. Deshalb müsse das Bezirksamt jeden einzelnen Antrag, eine Bar zu eröffnen, prüfen. „Ein Pauschalausschluss ist wegen des grundsätzlich bestehenden Rechtsanspruchs auf Genehmigung nicht möglich“, so Biedermann. Um eine Grundlage zu haben, einen neuen Gastro-Betrieb abzulehnen, müsse erst einmal der Bestand aufgenommen und bewertet werden.
Wo häuft sich lärmende Gastronomie?
Damit ist begonnen worden, der Stadtrat rechnet mit rund drei Monaten, bis die Arbeiten abgeschlossen sind. Dokumentiert werden sämtliche Erdgeschossnutzungen im Reuterkiez, die Öffnungszeiten der Läden und Kneipen, die Art und Menge des Publikums. Liegen die Daten vor, könnte bei neu beantragten Vorhaben besser beurteilt werden, ob beispielsweise mit dem Argument „Häufung“ eine Genehmigung zu verwehren sei.
Und was ist mit dem Lärm, der von den bereits bestehenden Kneipen, Bars, Cafés und Restaurants ausgeht? Hier wollen Ordnungsamt und Straßen- und Grünflächenamt in Zukunft enger zusammenarbeiten, sagt Biedermann. Während ersteres das Einhalten von Regeln kontrolliert, erteilt das andere Erlaubnisse für die „Sondernutzung öffentlichen Straßenlandes“, sprich: für das Herausstellen von Tischen und Stühlen.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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