Neue Ausbildungskampagne für Jugendliche mit ausländischen Wurzeln gestartet
Jungen Leuten mit ausländischen Wurzeln bessere Chancen bieten, das will die Kampagne „Ausbildung – Eine Sache der Einstellung“. Der Startschuss dafür wurde am 30. November im Neuköllner Rathaus gegeben.
„Hätte ich gewusst, wie herzlich ich aufgenommen werde, hätte ich mich früher beworben“, sagt Yasin, der türkischer Abstammung ist. Der junge Mann macht beim Bezirksamt eine Lehre zum Gärtner. Von seiner Arbeit ist er so überzeugt, dass er gemeinsam mit seinem Ausbilder Modell für eines der vielen Plakate gestanden hat, die jetzt in der ganzen Stadt hängen.
„Ein Viertel unserer rund 200 Azubis hat inzwischen einen Migrationshintergrund“, so Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Und das sei auch ganz natürlich. „Eine ,biodeutsche’ Rathausverwaltung kann und sollte nicht einen multikulturellen Bezirk gestalten.“ Rund 43 Prozent aller unter 21-jährigen Berliner haben ausländische Wurzeln, erklärt Andreas Germershausen, der Integrationsbeauftragte des Senats. Diese Vielfalt müsse sich auch bei den Auszubildenden widerspiegeln, nur dann sei die Stadt zukunftsfähig.
Die Kampagne spreche bewusst auch schwierige Zielgruppen an. „Die Hälfte der Jugendlichen, die bei Eistellungsverfahren durchfallen, sind trotzdem für eine duale Ausbildung geeignet und sehr engagiert, wenn sie unterstützt werden“, sagt Germershausen. Die Kampagne ist Teil der Initiative „Berlin braucht dich!“, die vor zehn Jahren an den Start ging. In dieser Zeit steigerte das Land Berlin den Anteil der Azubis mit Migrationshintergrund von unter neun auf über 25 Prozent. „Damit sind wir aber noch nicht am Ziel“, betont er.
Dass dennoch viel geschafft worden sei, sehe man am Beispiel der Polizei. „Dort liegt der Anteil inzwischen bei 32 Prozent. Vor Jahren haben wir schon zehn Prozent für unmöglich gehalten“, so Germershausen. Die Einstellung von muslimischen Polizisten beispielsweise bringe außerdem Vorteile über ihre eigentliche Arbeit hinaus. „Sie tragen den Gedanken der Rechtsstaatlichkeit in ihre Community.“
Nicht nur die Polizei ist bei der Kampagne dabei, sondern auch die Feuerwehr, die Bäder- und die Wasserbetriebe, Vivantes, die BSR, der Flughafen, die Wohnungsbaugesellschaft Howoge und viele andere Unternehmen. Sie alle wollen in Gesprächen und Workshops ihre Erfahrungen weitergeben. Dabei geht es beispielsweise um die Frage, wie Praktika zeitgemäß gestaltet werden sollten und wie Einstellungsverfahren geändert werden könnten, um junge Migranten nicht auszugrenzen.
Wie wichtig es ist, früh motiviert zu werden, zeigt der Fall des 20-jährigen Hussein Fahkro. Als Siebtklässler wurde ihm und seinen Mitschülern die Initiative „Berlin braucht dich“ vorgestellt, in der achten Klasse noch einmal. Aus einem anfänglichen „Das schaffe ich ja eh nicht“ wurde langsam ein „vielleicht ja doch“. Es folgen viele Praktika. Schließlich wusste er: Immobilienkaufmann bei der Gewobag wollte er werden. „Die anderen haben mich ausgelacht: ohne Abitur? Tatsächlich bin ich nicht gerne zur Schule gegangen, aber als ich wusste, was ich wollte, habe ich mich angestrengt“, erzählt Hussein.
Er schaffte es, mit seinem Mittleren Schulabschluss angenommen zu werden. „Die Ausbildung war hart, ich war 16, die meisten anderen um die 25, und die waren viel besser als ich. Ich habe geackert, geackert, geackert.“ Seine Prüfung hat er mit sehr guten Noten abgelegt, heute ist er Kundenberater bei der Howoge. Und jeder, der ihm zuhört, ist schnell überzeugt: Hussein hat den perfekten Job gefunden.
Die Workshops, die sich nicht nur an Betriebe, sondern auch an Schulen, Verbände, Kammern und Innungen richten, finden in der ersten Jahreshälfte 2018 statt.
Mehr Informationen gibt es unter www.berlin-braucht-dich.de sowie unter 275 90 87 16 und sb@bqn-berlin.de.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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