Kahlschlag an der Neuköllnischen Allee
Neukölln verliert 950 Arbeitsplätze – Philipp-Morris-Werk wird geschlossen

Der Marlboro-Mann sagt ade zum Süden Berlins. | Foto: Susanne Schilp
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Für die Belegschaft war es ein Schock: Philip Morris International entlässt zum Jahresende am Produktionsstandort in Neukölln 950 der 1050 Beschäftigten. Das teilte der Tabakkonzern seinen Mitarbeitern kürzlich mit. Hintergrund soll der rückläufige Zigarettenkonsum sein.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und auch Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel reagierten prompt mit massiver Kritik an dem Vorhaben und versprachen den Beschäftigten, sich dafür einzusetzen, dass die Entlassungswelle so glimpflich wie möglich abläuft. Freddy Adjan, stellvertretender Vorsitzender der NGG, kündigte an, man werde um die Arbeitsplätze in Neukölln kämpfen und die Beschäftigten bei ihren berechtigten Forderungen nach einem Interessenausgleich und Sozialplan unterstützen.

„Das Werk Berlin von Philip Morris arbeitet hochprofitabel, schreibt seit Jahren schwarze Zahlen“, so Adjan. Philip Morris handele sozial unverantwortlich, wenn gute, tariflich abgesicherte Arbeitsplätze von 950 Menschen bis zum Jahresende vernichtet werden sollen. Diese Entscheidung sei offensichtlich nicht in Deutschland, sondern in Lausanne ausschließlich nach einem Kennzahlen-Ranking auf europäischer Ebene getroffen worden, kritisiert der Gewerkschaftler – ohne Alternativen zu prüfen, wie trotz sinkender Nachfrage innovative Lösungen zum Erhalt der Arbeitsplätze in Berlin gefunden werden könnten.

Für eine rauchfreie Zukunft?

Die Ankündigungen von Philip Morris, „eine rauchfreie Zukunft“ zu verwirklichen und mit dem Tabakerhitzer IQOS „an seiner starken Präsenz in Deutschland“ festhalten zu wollen, hält Freddy Adjan für unglaubwürdig. „Nach der Ankündigung vor zwei Jahren, in Dresden Millionen Euro zu investieren und 500 Arbeitsplätze für die Produktion der zu IQOS gehörenden Heets zu schaffen, wurde diese Investition offensichtlich sang- und klanglos begraben.“

Auch für Bürgermeister Martin Hikel ist die Entscheidung des Konzerns nur schwer nachvollziehbar, denn der Konzern produziere bereits seit 1972 erfolgreich im Bezirk: „Die Schließung des Werkes ist ein harter Schlag für den Standort Neukölln, aber vor allem eine Hiobsbotschaft für die 950 Beschäftigten, die zum Jahresende entlassen werden sollen.“ Er habe persönlich bei den Berliner Konzernverantwortlichen dringend darum gebeten, die Schließungspläne noch einmal zu überdenken.

Sozialplan für die Angestellten nötig

Absolut notwendig sei, so Hikel, dass mit Betriebsrat und Gewerkschaft ein Sozialplan für die Beschäftigten erarbeitet werde. „Es wird in den kommenden Monaten darum gehen, für 950 Menschen neue Jobs zu finden, damit sie und ihre Familien keine Existenzangst haben müssen. Die Auszubildenden müssen in anderen Betrieben ihre Ausbildung fortsetzen können“, erklärt der Bezirksbürgermeister weiter. Die Agentur für Arbeit stehe damit vor einem Kraftakt, weshalb er bereits entsprechende Vorbereitungen veranlasst habe.

Einen kleinen Lichtblick sieht Hikel im Kahlschlag: Für Neukölln entstehe gleichzeitig die Chance, die nicht mehr benötigten Flächen an der Neuköllnischen Allee zu entwickeln, was dann hoffentlich viele neue Arbeitsplätze schaffe.

Autor:

Corina Niebuhr aus Kreuzberg

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