Quartier über dem Elektrokasten: Zwergfledermäuse auf die Zitadelle umgesiedelt

Die Anstrengung hat sich gelohnt: Jörg Harder mit einer Zwergflegermaus, die am Abend auf der Zitadelle Spandau wieder in Freiheit kommt. | Foto: Christian Schindler
4Bilder
  • Die Anstrengung hat sich gelohnt: Jörg Harder mit einer Zwergflegermaus, die am Abend auf der Zitadelle Spandau wieder in Freiheit kommt.
  • Foto: Christian Schindler
  • hochgeladen von Christian Schindler

Reinickendorf. Die Fledermausfachleute vom Berliner Artenschutz Team (BAT) haben am 15. August zwei Zwergfledermäuse aus einem Treppenhaus an der Amendestraße gerettet.

Der Anruf hatte dramatisch geklungen. Im gesamten Haus gebe es Geflatter, Bewohner trauten sich kaum noch ins Treppenhaus. Als Jörg Harder dann am Mittag an der Amendestraße eintrifft, ist es dann doch nicht so schlimm. Er muss sich erst einmal gründlich auf Spurensuche begeben. Immerhin wird er schnell fündig: „Die kleinen Krümel auf dem Boden sind Kot von Fledermäusen“, sagt der Erste Vorsitzende des Vereins BAT. Der betreibt den Fledermauskeller auf der Spandauer Zitadelle. Die Mitglieder kümmern sich auch ehrenamtlich darum, wenn es Probleme mit den Tieren in der Stadt gibt.

Inzwischen hat Harder einen Verdacht geschöpft. Aus einem Elektrokasten im obersten Stockwerk dringen verdächtige Geräusche. Mit einem Ministativ, an dessen Ende ein kleiner Spiegel befestigt ist, macht er drei Tiere aus. Sie befinden sich nicht im verschlossenen Kasten, sondern im Zwischenraum zwischen Kasten und Decke. Zwei der Tiere kann er in einen durchsichtigen Beutel packen, ein drittes entkommt und flattert aufgeregt durchs Treppenhaus. Vermutlich durch die offene Haustür gelangt es ins Freie.

Harder ist das nicht recht. Bei Tageslicht werden Fledermäuse leicht Beute von Krähen oder anderen tierischen Räubern. Die beiden Tiere im Beutel bringt Harders Mitstreiter Paul Voigt auf die Zitadelle, wo sie am Abend wieder in die Freiheit entlassen werden. Die beiden Zwergfledermäuse scheinen gesund zu sein, sie brauchen keine besondere Pflege.

Für die Hausbewohner hat er einen Tipp: Legen sie bei den sommerlichen Temperaturen Wert auf frische Luft im Treppenhaus, es lohnt sich ein Insektenschutz vor den offenen Fenstern, ein Gaze-Vorhang, den es als Cent-Artikel in jedem Baumarkt gibt. Denn noch könnte sich die entkommene Fledermaus an ihren Unterschlupf erinnern, auch wenn das Treppenhaus eigentlich nicht ideal ist. „Die Tiere bevorzugen eher kühle und etwas feuchte Räume“, sagt Harder.

Gerade jetzt kann es immer mal wieder vorkommen, dass Fledermäuse auf der Suche nach auch im Winter geeigneten Quartieren offene Fenster für eine Einladung halten. Die Jungtiere machen sich selbständig, und sie sind genetisch darauf geeicht, Quartiere über den Raum hinaus zu suchen, den sie schon kennen.

Gefährlich für Menschen sind diese Begegnungen nicht. „In Deutschland hat es seit 40 Jahren keine Tollwut-Übertragung durch Fledermäuse auf Menschen gegeben“, sagt Harder. Und auch auf der Zitadelle, nicht nur Vereinssitz von BAT, sondern auch eines der größten Fledermausquartiere in Berlin, hat es seit zwei Jahren keinen Tollwut-Fall bei einer Fledermaus mehr gegeben. Gleichwohl gilt der Grundsatz, der für Begegnungen mit allen Wildtieren gilt: Bei Berührungen sollten Menschen Handschuhe tragen. Diese Berührungen sind jedoch meistens unnötig: Hilflos auf Balkonen und Grünflächen gestrandete Jungtiere werden zumeist wieder von den Müttern gesucht und gefunden.

Einer Bewohnerin des Hauses an der Amendestraße, die ihre Furcht vor den flatternden Tieren deutlich zeigt, erklärt Harder erst einmal, wie nützlich die unter Naturschutz stehenden Tiere sind: „So eine Fledermaus verputzt bis zu 3000 Mücken in einer Nacht.“ Was also als winzige Kotkügelchen im Flur liegt, könnten die Überreste von Plagegeistern sein, die die Menschen um den Schlaf bringen. CS

Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.bat-ev.de.
Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

13 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
 Ist Ihr Herz gesund? Informieren Sie sich am 20. November über Herzschwäche und wie man sie erkennt und behandelt. | Foto: Caritas-Klinik Maria Heimsuchung

Infos über Herzinsuffizienz
Vortrag: „Herzschwäche erkennen und behandeln“

Die Caritas-Klinik Maria Heimsuchung lädt Sie herzlich zu einem informativen Vortrag am 20. November 2024 von 17 bis 18 Uhr ein. Unter dem Titel „Stärke dein Herz – Herzschwäche erkennen und behandeln“ erfahren Sie Wissenswertes über die frühzeitige Erkennung und moderne Behandlungsmöglichkeiten der Herzinsuffizienz. Dr. med. Philipp Krauser, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Oberarzt im Caritas Kardiozentrum Berlin, wird in dem Patienteninformationsabend auf die typischen...

  • Pankow
  • 30.10.24
  • 457× gelesen
WirtschaftAnzeige
Tätowierungen sind eine Kunst mit jahrtausendealter Geschichte, die über Jahrhunderte hinweg die Körper der Menschen schmückte. Doch der Beruf des Tätowierers ist nicht nur kreative Arbeit. Es ist ein anspruchsvolles und faszinierendes Handwerk. | Foto: VEAN TATTOO
3 Bilder

VEAN TATTOO
Tätowierer: einer der gefragtesten Berufe unserer Zeit

Tätowierungen sind eine Kunst mit jahrtausendealter Geschichte, die über Jahrhunderte hinweg die Körper der Menschen schmückte. Doch der Beruf des Tätowierers ist nicht nur kreative Arbeit. Es ist ein anspruchsvolles und faszinierendes Handwerk, das nicht nur künstlerische Fähigkeiten, sondern auch ein tiefes Verständnis des gesamten Prozesses erfordert. In diesem Artikel wird VEAN TATTOO Ihnen die Welt der Tätowierkunst näherbringen und erläutern, warum der Beruf des Tätowierers heute zu den...

  • Mitte
  • 28.10.24
  • 572× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen? Erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Infoabend am 12. November
Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen

Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen, die jeden Schritt zur Qual machen oder Ihnen sogar in Ruhe keine Erholung gönnen? Es muss nicht so bleiben! Besuchen Sie unseren Infoabend "Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen: Schonende & komfortable OP-Methode!" und erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen – schonend, effektiv und ohne Angst vor einem Eingriff. Expertenwissen kommt beim Infoabend am 12. November aus erster Hand: Tariq Qodceiah, Chefarzt...

  • Reinickendorf
  • 01.11.24
  • 305× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 432× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.