Stolperstein für Dr. Siegmund Müller verlegt

Gedenken vor dem Stolperstein: Petra Greite und Jürgen Kollath. | Foto: Christian Schindler
  • Gedenken vor dem Stolperstein: Petra Greite und Jürgen Kollath.
  • Foto: Christian Schindler
  • hochgeladen von Christian Schindler

Reinickendorf. Der Künstler Gunter Demnig hat in Reinickendorf wieder Stolpersteine für Opfer des Nationalsozialismus verlegt. An der Residenzstraße 46 waren auch Verwandte von Dr. Siegmund Müller dabei, der 1938 in den Tod getrieben wurde.

Der Reinickendorfer SA-Standartenführer Heidenreich glaubte wohl, ein gutes Werk zu tun, als er am 23. Juni 1938 heimlich Dr. med. Siegmund Müller in dessen Praxis an der Residenzstraße 46 aufsuchte. Der dort seit Jahrzehnten praktizierende Kinderarzt war beliebt und bekannt im Kiez. Der Nazi Heidenreich wollte den jüdisch-stämmigen Arzt warnen vor der am kommenden Tag geplanten Verhaftung.

Müller wusste, was das für ihn bedeuten würde. Schon längst hatte er den antisemitischen Hass der braunen Machthaber zu spüren bekommen. 1934 hatten sie ihm die Zulassung der Betriebskrankenkasse der Berliner Verkehrs AG entzogen, vier Jahre später durfte er auch nicht mehr für die Ersatzkassen arbeiten. Jeweilige Begründung: nichtarische Herkunft. Nach der beruflichen Vernichtung wäre die persönliche gefolgt, vielleicht mit Misshandlung in der Haft, dann in einem Konzentrationslager. Müller schluckte eine Überdosis Veronal-Tabletten. Zunächst überlebte er, starb dann aber an den Folgen am 24. Juni 1938 im Erwin-Liek-Krankenhaus, dem heutigen Humboldt-Krankenhaus.

"Mein Großvater hatte auch den SA-Mann Heidenreich auf die Welt geholt", sagt Müllers Enkel Jürgen Kollath. Das hatte diesen wohl bewogen, ihn entgegen seiner antisemitischen Ideologie zu warnen. Bei Müllers Beerdigung auf dem Friedhof Frohnau an der Hainbuchenstraße 64-76 zeigte sich noch einmal seine Beliebtheit. Die Trauerfeier, die der evangelische Geistliche Hans Walter Dannenberg hielt, war gut besucht.

Ein Leben für die Medizin war dem späteren Arzt Müller eigentlich nicht in die Wiege gelegt. Er wurde am 9. September 1881 in Gelsenkirchen geboren. Sein Vater Levi Müller war Handelsmann, seine Mutter Karoline Müller Hausfrau. Müller studierte jedoch Medizin, und erhielt 1908 seine Approbation. Sein Enkel Jürgen Kollath hat die Begabung seines Großvaters geerbt. Der Röntgenologe ist Chefarzt der Radiologie an der Universitätsklinik in Frankfurt am Main. Und noch eine weitere Enkelin kam zur Stolpersteinverlegung: Die ehemalige Lehrerin Petra Greite aus Starnberg. Insgesamt wurden am 8. August acht Stolpersteine für Opfer des Nationalsozialismus verlegt.

Christian Schindler / CS
Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

13 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 792× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.066× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 1.038× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.391× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.