Den Bezirk auf die Kunstlandkarte gesetzz
Die Leiterin des Kunstamtes Cornelia Gerner geht in Ruhestand

Cornelia Gerner im Garten des Bezirksmuseums.  | Foto:  Thomas Frey
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"Die Frau ist klasse", sagte die junge Mitarbeiterin am Telefon. "Schade, dass sie geht". Billige Schmeichelei konnte diesen Sätzen schon deshalb nicht unterstellt werden, weil sie ungefragt geäußert wurden. Und sich die angesprochene Person auch nicht im Raum befand. Sie drückten vielmehr das Bedauern über einen Abschied aus.

Dr. Cornelia Gerner, der dieses Lob galt, geht Ende April in den Ruhestand. Mehr als 20 Jahre war sie Leiterin des Kunstamtes, mittlerweile Fachbereich Kunst und Geschichte im Bezirksamt Reinickendorf und prägte eine Epoche. Ihr ist es vor allem zu verdanken, dass Reinickendorf heute auf der Kunstlandkarte vertreten ist. Dessen scheint sie sich bewusst zu sein, verweist aber in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf das Wirken auch ihrer Vorgänger.

Die promovierte Kunsthistorikerin (Dissertationsthema: Das Frauenbild des Malers Edvard Munch) wurde nach Stationen unter anderem in der Berlinischen Galerie 2001 Chefin des Reinickendorfer Fachbereichs. Zunächst sei es darum gegangen, weitere Ausstellungsorte ausfindig und eine Art Bestandsaufnahme des bezirklichen Kunstbetriebs zu machen, erinnert sie sich. Einige wichtige Adressen, wie das Bezirksmuseum in Alt-Hermsdorf, wurden weiterentwickelt. Die Dauer- und Sonderausstellungen haben, ähnlich wie die in der Rathaus-Galerie, oft einen Anspruch, der über Reinickendorf hinausgeht. Aber sie sind gleichzeitig im Bezirk verankert. Dieser gelungene Spagat ist ein Merkmal der Ära von Cornelia Gerner.

Ein Beispiel von vielen ist die 2013 gezeigte Schau über den Schriftsteller Erich Kästner (1899-1974). Sie drehte sich nicht nur um den bekannten Verfasser von Kinderbüchern (Emil und die Detektive) sondern thematisierte auch, dass Kästner in den 1960er‑Jahren zeitweise in Hermsdorf wohnte. Der lokale Bezug zeigt sich noch deutlicher bei der Ausstellung über Hannah Höch, Cornelia Gerners wahrscheinlich wichtigstem Projekt. Die Malerin lebte von 1939 bis zu ihrem Tod 1978 in Heiligensee. Das war bekannt. Aber erst in den vergangenen beiden Dekaden nahm die Öffentlichkeit dies auch wahr. Ein Ergebnis war die Dauerausstellung zu Hannah Höch im Bezirksmuseum, weitere Werkschauen, Symposien, künstlerische Positionen. Cornelia Gerner ist Mitverfasserin des bisherigen Standardwerks und inzwischen eine der bekanntesten Hannah-Höch-Expertinnen. Und noch immer gebe es über diese Frau Neues zu entdecken, sagt sie. Die Beschäftigung mit Hannah Höch sicherte Reinickendorf endgültig einen Platz im Kunstbetrieb.

Vielleicht lässt sich anhand der Auseinandersetzung mit der Malerin auch Cornelia Gerners Antrieb gut beschreiben. Sie vermittelt den Eindruck, dass ihre Arbeit mehr gewesen ist als ein Job. Auch nach mehr als 20 Jahren lässt sich eine Menge Spaß herauslesen, die Möglichkeit, etwas zu gestalten, weiterbringen zu können. Deutlich wurde das auch bei ihrem Resümee. "Ich hatte häufig zu wenig Geld, aber immer sehr viel Freiheit", sagt Cornelia Gerner.

Dass sie diesen Freiraum hatte, hing nach eigenem Bekunden nicht zuletzt mit den insgesamt drei Stadträtinnen und Stadträten zusammen, die sie als Vorgesetzte erlebte. Am längsten, nämlich 15 Jahre war das Katrin Schutze-Berndt (CDU), am kürzesten, in den vergangenen knapp sechs Monaten, der neue Bürgermeister Uwe Brockhausen (SPD). Dass der Rathauschef den Bereich Kultur direkt verantworte, sei sowohl in puncto Aufmerksamkeit als auch hinsichtlich der Ausstattung bestimmt nicht schädlich, sagt Cornelia Gerner. Dass die Kultur in Reinickendorf jetzt sozusagen Chefsache ist zeigt aber auch, dass sich mit ihr Staat machen lässt.

Den bisherigen Anspruch zu halten, wird eine der wichtigsten Aufgaben sein. Und gerade Cornelia Gerner ist weit davon entfernt zu behaupten, es gäbe nichts mehr zu tun. Etwa bei der Frage nach der Geschichte und Identität von Reinickendorf. Sie hat 2020, anlässlich des 100. Jahrestags der Gründung von Groß-Berlin und damit auch dem Entstehen des Bezirks die Jubiläumsausstellung "Mitte(n) in Reinickendorf" mitkonzipiert. Der Titel verwies darauf, dass hier zwar viele Mitten, aber kein wirkliches Zentrum existieren. Dabei gäbe es eine Gegend, die sich dafür eignen würde, findet sie - die Residenzstraße und ihre Umgebung. Erste Schritte in diese Richtung hätten auch bereits stattgefunden oder seien geplant. Nicht zuletzt im Kulturbereich.

Auch andere Themen beschäftigen sie in ihren letzten Arbeitstagen. So manchem Künstler möchte sie noch eine Ausstellung ermöglichen. Dies deutet darauf hin, dass Cornelia Gerner auch im Ruhestand umtriebig bleiben wird.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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