Ein unumstößlicher Schritt
Die Linke-Bezirksverordnete Kai Bartosch hat ihrer Partei den Rücken gekehrt
Seit der Wahlwiederholung war die Partei „Die Linke“ in der BVV Reinickendorf nur noch mit zwei Personen vertreten und keine Fraktion mehr. Inzwischen ist auch dieses Duo auseinandergefallen.
Am 1. Mai hat Kai Bartosch, eine der beiden verbliebenen Linken-Bezirksverordneten, ihren sofortigen Austritt aus der Partei erklärt. In der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) möchte sie bleiben und sich dort eventuell einer anderen Fraktion anschließen. „Meine politische Arbeit wird aber außerhalb der Linken stattfinden“, erklärte Kai Bartosch in ihrem Austrittsschreiben. Ihre Entscheidung wäre nicht leichtfertig oder kurzfristig gefallen. Sie sei jedoch „unvermeidbar und unumstößlich“. Denn „Anspruch und Wirklichkeit linker Politik liegen so weit auseinander, dass es für mich nicht mehr erträglich ist“.
Kai Bartosch, Jahrgang 1979, ist seit 2021 Mitglied der BVV Reinickendorf. Dort fiel sie vor allem als Verkehrspolitikerin auf, die sich für einen weiteren Ausbau von Radwegen und für das Umsetzen des Mobilitätsgesetztes einsetzte. Sie engagiere sich für „bodenständige, praktische Ziele“, so hatte sich die jetzt Ex-Linke zuletzt als Kandidatin präsentiert. Dazu gehörte wahrscheinlich auch ihre Aktion „Frauen aufs Rad“, die sie am 13. April gestartet hat. Alle zwei Monate will Kai Bartosch ein Fahrrad an eine Frau mit sogenanntem Migrationshintergrund verschenken, die sich selbst keines leisten kann. Gekauft wird das Rad mit Geld aus der Aufwandsentschädigung der Bezirksverordneten. Die Aktion werde auch nach ihrem Austritt weitergehen, teilte Kai Bartosch mit.
Was letztlich zum Zerwürfnis mit ihrer bisherigen Partei geführt hat, sagt sie nicht konkret. Sie umschreibt es. Die Auseinandersetzungen der Linkspartei auf Bundesebene hätten keine Rolle gespielt, wohl aber das Agieren einiger inzwischen ehemaliger Genossen in Berlin und im Bezirk. „Es gibt in der Linken viele liebe Menschen, einige von ihnen enttäusche ich nun sehr, was mir unendlich leidtut. Andere sind aber Teil des Problems und durch die Funktionen, die sie in der Partei innehaben, haben sie mehr Gewicht“. Sie kenne viele Genossinnen und Genossen, die ähnliche Probleme hätten und doch bleiben. Das werfe sie niemandem vor, erwarte aber, dass auch ihre Reaktion respektiert werde.
Der Bezirksverband der Linken hat „mit Bedauern“ von diesem Schritt erfahren und biete ihr ein Gespräch an, heißt es in einem Schreiben an Kai Bartosch. Darin geht es allerdings vor allem um die Aufforderung, ihr BVV-Mandat zurückzugeben. Denn das habe sie „als Vertreterin unserer Partei“ errungen, es wäre deshalb „keine Privatsache“. Der Aufforderung wird Kai Bartosch nicht nachkommen. Sie verweist darauf, dass auch die Linke bisher keine Einwände erhoben hätten, wenn sie Zuwachs von Mitgliedern anderer Fraktionen bekommen habe. Ohnehin gehört die Forderung, auf das Mandat zu verzichten, sozusagen zum Standardrepertoire, das alle Parteien nach einem Weggang in ihren Reihen ins Feld führen.
Die Linke ist jetzt nur noch durch den ehemaligen Fraktionsvorsitzenden Felix Lederle in der BVV vertreten. Kai Bartosch möchte zunächst als fraktionslose Bezirksverordnete weiterarbeiten. Sie bestätigte aber, dass es Gespräche mit den Grünen über eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit gebe. Von der erst am 19. April erfolgten Wahl in den Vorstand der Bezirksverordnetenversammlung trete sie zurück. Wie ihre Arbeit in den Ausschüssen aussehen werde, wisse sie noch nicht. Sie wolle aber gerade beim Thema Verkehr aktiv bleiben. „Außerdem bleibe ich links – im Herzen“.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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