Das war das Jahr 2024 in Reinickendorf
Ein Rückblick auf Ereignisse, Personen und Episoden in zwölf Stichpunkten
Was ist in den vergangenen zwölf Monaten in Reinickendorf passiert? Eine ganze Menge. Hier deshalb eine auch subjektive Top zwölf von wichtigen Begebenheiten, aufgelistet in alphabetischer Reihenfolge.
Cité Foch. Das ehemalige Quartier der französischen Schutzmacht in Wittenau stand in mehrfacher Hinsicht 2024 im Blickpunkt. Hier entstehen 600 neue Wohnungen, mehr als 200 allein im abgelaufenen Jahr. Gedacht sind sie vor allem für Beschäftigte des Bundes. Für Diskussionen sorgte das geplante Mobilitätskonzept. Es sieht Sperrungen von Straßen vor. Befürchtet wird, dass der Verkehr dadurch in benachbarte Wohnviertel ausweicht. Auch dass die meisten Parkplätze in der Cité Foch wegfallen sollen, rief Unmut hervor.
Geplant war auch der Neubau der Münchhausen-Grundschule, deren Hauptgebäude sich bisher in Waidmannslust befindet. Das Projekt wurde wegen der Einsparungen des Senats gestrichen. Aktuell diskutiert wird jetzt, ob ein privater Träger das Vorhaben realisieren könnte.
Einsamkeit. Laut Bürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner (CDU) ist Einsamkeit eines der größten Probleme unserer Zeit. Der Bezirk soll deshalb im Kampf dagegen eine Vorreiterrolle einnehmen und stellte im Februar die erste Einsamkeitsbeauftragte in einer deutschen Kommune vor. Sie blieb allerdings nur wenige Monate und wurde im Juli durch Katharina Schulz ersetzt, die auch als Ehrenamtsbeauftragte im Bezirksamt tätig ist.
Öffentlich sichtbar wurde das Anti-Einsamkeits-Engagement im vergangenen Jahr zum Beispiel mit den sogenannten „Quasselbänken“, die, farblich besonders markiert, an verschiedenen Plätzen Menschen zum gegenseitigen Kontakt animieren sollen. Ebenso wie die „100 Orte gegen Einsamkeit“. Darunter zu verstehen sind Einrichtungen wie Freizeitstätten, Stadtteilzentren, Religionsgemeinschaften, Geschäfte oder Restaurants. Sie markieren durch einen extra gestalteten Sticker, dass Menschen, die sich einsam fühlen, hier willkommen sind.
Wertstofftonnen. Zu Beginn des Jahres stellte der Entsorger Alba das Abholen von Wertstofftonnen in einigen Straßen der Siedlung Waldidyll in Tegel ein. Die Begründung: Vorgaben der Berufsgenossenschaft würden wegen des zu geringen Sicherheitsabstandes das Einfahren verbieten. Die betroffenen Bewohner mussten deshalb zu Wertstoffsäcken zurückgreifen und sie an bestimmten Orten ablegen. Kein optimaler Zustand, der nach längeren Verhandlungen zumindest einigermaßen modifiziert werden konnte. Die Wertstofftonnen werden seit September wieder an den Grundstücken abgeholt. Und zwar zu Fuß von den Alba-Mitarbeiterin, die sie dann zu den nächsten Haltepunkten ihrer Entsorgungsfahrzeuge ziehen.
Gedenken. Innerhalb weniger Wochen sind zwei einst prägende Repräsentanten der Bezirkspolitik gestorben. Zunächst am 22. Oktober Marlies Wanjura (CDU). Sie war Reinickendorfer Bürgermeisterin von 1995 bis 2009 und nicht nur wegen ihrer langen Amtszeit eine der bekanntesten und führungsstärksten Persönlichkeiten der Bezirksgeschichte. Marlies Wanjura wurde 79 Jahre alt.
Am 11. November starb Hinrich Lühmann (parteilos, für CDU) im Alter von 80 Jahren. Von 2011 bis 2018 amtierte er als BVV-Vorsteher und setzte dort Maßstäbe, auch über sein aktives Wirken hinaus. Hinrich Lühmann war von Beruf Lehrer, bis zu seinem Ruhestand Direktor des Humboldt-Gymnasiums. Er war aber auch Dozent in Frankreich, betrieb eine psychoanalytische Praxis und Anfang 2024 erschien sein Buch „Rachulle“. Die Geschichte seiner Familie.
Gewerbe. Es gab 2024 einige Geschäftsaufgaben, vor allem im Bereich der Gastronomie. Zuletzt betraf das die Hafenbar in der Wilkestraße. Bereits nach Ostern endete der Betrieb im Restaurant Fisherman's am Eisenhammerweg. Zur gleichen Zeit schloss zunächst auch das Hax'nhaus in Alt-Tegel. Dort ist aber seit August wieder geöffnet. Der Betreiber des Tegernseer Tönnchens in Wilmersdorf hat das Lokal übernommen.
Paracelsus-Bad. Das Paracelsus-Bad ist die Dauerbaustelle im Bezirk. Seit 2019 ist es geschlossen. Es sollte zunächst in zwei Jahren für acht Millionen Euro saniert werden. Die Wasserstandsmeldung in 2024 lautet dagegen: Mit der Wiedereröffnung ist frühestens 2026 zu rechnen und die Kosten liegen inzwischen bei 31,7 Millionen Euro. Die genannten Ursachen für den massiven Zeitverzug und die Preisexplosion sind unter anderem marode Bausubstanz, Corona, Lieferengpässe, auch die Vorgaben des Denkmalschutzes.
Schäfersee. Drogenhandel und Drogenkonsum sind ebenso wie die Trinkerszene zum Problem im und am Schäfersee geworden. Mit verschiedenen und nicht immer unstrittigen Maßnahmen soll dagegen vorgegangen werden. Zum einen durch eine stärkere Präsenz des Ordnungsamtes, die im Herbst angekündigt wurde, und durch regelmäßige Sprechstunden vor Ort. Zuvor hatte es bereits Schwerpunkteinsätze mit der Polizei gegeben.
Außerdem geht es um aufsuchende Sozialarbeit, zuletzt durch ein weiteres Projekt, mit dem der Suchhilfeträger Fixpunkt betraut wurde. Gerade daran gab es Kritik. Es wurde darauf verwiesen, dass bereits andere Akteure in diesem Bereich am Schäfersee tätig seien. Obendrein gab es die Befürchtung, die Arbeit von Fixpunkt bestehe weniger darin, Süchtige von Drogen wegzubekommen, als ihnen vielmehr einen gefahrlosen Konsum zu ermöglichen. Schließlich stehen aber auch bauliche Veränderungen auf der Agenda. Der seit Jahren verwaiste Kiosk am Eingang zum Schäferseepark könnte laut einer Machbarkeitsstudie durch einen Restaurantbetrieb wiederbelebt werden. Erwartet werden durch eine solche Maßnahme auch positive Auswirkungen auf sein Umfeld.
Senheimer Straße. Die Straße in Frohnau soll umgebaut werden und dafür sollten zunächst 74 Bäume gefällt werden. So sahen das zumindest die, allerdings schon einige Jahre alten Planungen vor. Dagegen gab es Protest, vor allem von Anwohnern. Sie erreichten, dass die Pläne verändert und der Kahlschlag deutlich reduziert wurde. Nur noch elf Bäume müssen nach aktuellem Stand weichen.
Stadtteiltreffpunkte. Am 20. Juni gab es die offizielle Eröffnung des Stadtteilzentrums im Ribbeck Haus am Senftenberger Ring im Märkischen Viertel. Am 18. Oktober wurde das Stadtteilzentrum Borsigwalde in der Ziekowstraße eingeweiht. Das neue Face Familienzentrum an der Titiseestraße in Waidmannslust soll im Jahr 2026 fertig sein. Am 6. November fand bereits die Schlüsselübergabe für 126 Wohnungen statt, die zum Gesamtprojekt gehören. Sie entstanden in rund 20 Monaten - angekündigt war eine Bauzeit von zwei Jahren.
Tegel. Gemeint ist hier das ehemalige Flughafengelände und das was dort passierte oder auch nicht passierte. In Tegel befindet sich Deutschlands wahrscheinlich größte Flüchtlingsunterkunft, die 2024 mehrfach Negativschlagzeilen machte. In Tegel soll der Zukunftsort „Urban Tech Republic“ (UTR) entstehen, das Projekt ist aber nicht zuletzt wegen der Flüchtlingsunterkunft im Verzug. Dazu kamen Befürchtungen, der Umzug der Hochschule für Technik, ein Herzstück der UTR, könnte an Geldmangel scheitern. Um das Schumacher Quartier, ein neues Wohnviertel für rund 10 000 Menschen auf dem Tegel-Areal gab es im abgelaufenen Jahr Diskussionen, ob die geplante Zahl an Wohnungen wirklich gebaut werden kann. Denn einige würden sich zu nah am Autobahntunnel befinden, was wiederum bestehende Vorgaben tangiert.
An den einstigen Flughafen wurde ebenfalls erinnert. Denn der war als zentraler West-Berliner Airport 1974, also vor 50 Jahren, eingeweiht worden.
von Zglinicki, Luisa. Die Zwölfjährige aus dem Europäischen Gymnasium Bertha von Suttner ist 2024 Berlins beste Vorleserin geworden. Sie gewann den Vorlesewettbewerb, der jedes Jahr unter den Schülerinnen und Schülern der sechsten Klassen ausgetragen wird, zunächst in ihrer Schule, dann auf Bezirksebene und schließlich den Landesausscheid, sodass sie eine der 16 besten Vorleserinnen und Vorlesern von Deutschlands wurde.
Flughafensee. Von den Schwierigkeiten, behördliche Vorgaben umzusetzen, zeugten die Ereignisse am Flughafensee. Große Teile der Uferbereiche sind dort laut dem Bezirksamt nicht standsicher, es drohe deshalb Lebensgefahr. Als Beleg dafür dienten entsprechende Untersuchungen. Hinweisschilder, die bereits in den vergangenen Jahren aufgestellt wurden, hielten kaum Besucher ab, weshalb im Frühjahr mit dem Aufbau eines Zauns begonnen wurde. Die Absperrung sorgte für großen Unmut, vor allem bei den Nutzern des FKK-Bereichs. Sie beklagten außerdem, dass ihr Refugium dadurch mutwillig beschädigt wurde. Und der Baustellenzaun erwies sich nicht als wirkliche Barriere, denn er wurde immer wieder durchbrochen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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