Bei FDP, CDU und Grünen übernehmen frische Gesichter Verantwortung
Junge Leute mischen die Bezirkspolitik auf
Klara Schedlich (B‘90/Grüne) ist am 4. November berlinweit bekannt geworden, als die junge Reinickendorfer Abgeordnete bei der konstituierenden Sitzung des Abgeordnetenhauses auf der Präsidialebene als Schriftführerin Platz nahm. Neben ihr eröffnete Alterspräsident Kurt Wanser (74, CDU) die neue Legislaturperiode.
Schedlich (22) könnte locker als Enkelin des Kreuzberger Politik-Urgesteins Wansner durchgehen. Als jüngstes Mitglied des neuen Berliner Landesparlaments wurde sie mit in das vorläufig amtierende Präsidium berufen. Ein besonderer Moment, aber nicht der erste, bei dem Klara Schedlich eine wichtige Rolle spielte. Am Tag zuvor unterzeichnete sie damals noch als Kreisvorsitzende der Bündnisgrünen im BVV-Saal des Rathauses Reinickendorf die Zählgemeinschaftsvereinbarung von SPD, Grünen und FDP.
Auch Günes Keskin, Grünen-Fraktionsvorsitzende setzte ihre Unterschrift unter das Papier der "Reinickendorfer Ampel". Sie ist 22 und war aufgrund ihres Alters eine der Schriftführerinnen bei der konstituierenden Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung. Neben ihr saß Fraktionskollege Bogusz Schmidt. Der 21-Jährige ist das jüngste BVV-Mitglied. Diese Bezeichnung traf in der vergangenen Legislaturperiode auf David Jahn zu. Inzwischen ist Jahn 26 Jahre alt, FDP-Fraktionsvorsitzender und ebenfalls Unterzeichner der Vereinbarung des bezirklichen Ampelbündnisses. Im gleichen Alter ist Marvin Schulz, der jetzt die CDU-Fraktion anführt und um sich herum weitere Mitglieder unter oder um die 30 Jahre alt weiß.
Es gibt also viele Beispiele für sehr junge Politikerinnen und Politiker, die in Reinickendorf inzwischen wichtige Positionen besetzen. Ist das Zufall oder Ausweis besonderer Nachwuchspflege? "Sowohl als auch", lautet die Antwort. Ihre Parteien würden jüngeren Kräften die Chance bieten, Verantwortung zu übernehmen, zumal sie in der jüngeren Altersgruppe in den zurückliegenden Jahren neue Mitglieder gewonnen hätten. Dass er Fraktionsvorsitzender wurde, erklärt David Jahn, liege aber auch daran, dass bisherige Fraktionsmitglieder wie auch seine Vorgängerin Mieke Senftleben bei der Wahl nicht mehr angetreten seien. Marvin Schulz ist wiederum als Vorsitzender der Jungen Union Reinickendorf ein wichtiger Akteur in der von Querelen gebeutelten Bezirks-CDU.
Sich für Themen einzusetzen, die gerade für ihre Generation wichtig seien, sagen Klara Schedlich und Günes Keskin über ihren Antrieb, sich in der Politik zu engagieren. Der Klimaschutz oder das Absenken des Wahlalters auf 16 Jahre seien ihre politischen Ziele.
Er sei vor mehr als acht Jahren in die FDP eingetreten, als ihm klar wurde, dass viele politischen Entscheidungen direkt mit seinem Leben zu tun hätten, erzählt David Jahn. Neben seinem Mandat in der BVV ist David Jahn seit 2017 Landesvorsitzender der Jungen Liberalen. Gerade auf Bezirksebene gebe es viele Themen, die eine direkte Mitsprache ermöglichten und sich politisches Engagement auszahle, sagt Marvin Schulz. Und wenn ungefähr Gleichaltrige für solche Themen in den Parlamenten werben, sei das natürlich sehr hilfreich.
Gemeinsam ist den Jungpolitikern, dass sie über Parteigrenzen hinweg, sich gegenseitig wertschätzen und eine große Offenzeit an den Tag legen. Sie könnten den Politikbetrieb erneuern, indem sie für einen anderen Stil des Miteinanders sorgen. Gemeinsam ist ihnen auch, dass sie erst am Anfang ihrer politischen Karriereleiter stehen und noch andere Ambitionen haben. Klara Schedlich studiert Maschinenbau, wenn auch derzeit eher eingeschränkt, Günes Keskin ist Studentin der Germanistik und Philosophie, Marvin Schulz arbeitet im öffentlichen Dienst und David Jahn will Lehrer werden. Schon allein, weil ein politisches Amt oder Mandat nach jeder Wahl enden könne, sei ein Beruf wichtig, sagt Jahn.
Trotz der Jugendoffensive werden die Nachwuchstalente nicht allein agieren können. Denn natürlich gibt es in allen Parteien noch Vertreter anderer Generationen und mit Gewicht.
Deutlich wurde das schon bei der Unterzeichnung des Reinickendorfer Ampel-Vertrags. Als sich dort das Interesse stark auf Klara Schedlich, Günes Keskin und David Jahn konzentrierte, die Drei gemeinsam fotografiert wurden, wollten die anderen Unterzeichner ebenfalls per Bild festgehalten werden. Etwa Günes Keskins Grüner Co-Fraktionsvorsitzender Hinrich Westerkamp, die FDP-Bezirksvorsitzende Sibylle Meister, die SPD-Kreis- und Fraktionsvorsitzenden Jörg Stroedter und Marco Käber, der neue Bürgermeister Uwe Brockhausen. So, als wollten sie klarmachen - wir sind auch noch da.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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