Wird Luisa Deutschlands beste Vorleserin?
Schülerin der 6c des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums vertritt Berlin beim Bundesfinale

Luisa von Zglinicki mit dem Buch "Wolf", mit dem sie den Berliner Landesentscheid im Vorlesewettbewerb gewonnen hat. | Foto:  Thomas Frey
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In diesen Tagen bekommt Luisa von Zglinicki drei Bücher zugeschickt. Sie wird sie alle aufmerksam studieren. Denn aus einem davon muss die Zwölfjährige am 19. Juni vorlesen: beim Bundesfinale im diesjährigen Vorlesewettbewerb.

Luisa von Zglinicki, Schülerin der Klasse 6c des Europäischen Gymnasiums Bertha von Suttner an der Reginhardstraße hat sich als Berliner Landessiegerin für die deutsche Endausscheidung qualifiziert. Die 12-jährige Schülerin aus Pankow trifft auf die Besten aus allen 16 Bundesländern. Das Finale ist in diesem Jahr eine Art Heimspiel. Denn es findet im Studio A des Rundfunks Berlin Brandenburg (RBB) an der Masurenallee in Charlottenburg statt.

Nervös, aufgeregt, gespannt, irgendwo dazwischen ist die Stimmungslage von Luisa. Dass sie so weit kommen werde, damit habe sie nicht gerechnet, erzählt sie bei einem Gespräch mit der Berliner Woche in ihrer Schule. Zudem erwartet sie, dass die Teilnahme am Finale am 19. Juni deutlich schwerer sein wird als die Ausscheide zuvor.

Der Vorlesewettbewerb wird seit 1959 vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels ausgerichtet. Mitmachen können Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe sechs. Normalerweise geht es über einen Klassen- und Schulentscheid, dann folgt der Wettbewerb auf regionaler Ebene, in Berlin in den Bezirken. In Reinickendorf gab es außerdem noch einen Bezirksvorausscheid. Die Bezirkssieger trafen sich am 8. Mai zum Berliner Landesfinale in der Amerika-Gedenkbibliothek in Kreuzberg. Luisa von Zglinickis Erfolgsweg war deshalb lang.

Bei den Vorausscheiden musste sie auch jeweils andere Bücher präsentieren. Sie begann mit Harry Potter, Band 1, kam mit der „Unendlichen Geschichte“ von Michael Ende ins Bezirksfinale, präsentierte dort „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry, und gewann beim Landeswettbewerb mit dem Buch „Wolf“ von Šaša Stanišić. Vier schon aufgrund ihrer Erstveröffentlichung ganz unterschiedliche Werke. Der kleine Prinz erschien 1943, die unendliche Geschichte mehr als 30 Jahre später. Die Harry Potter-Reihe begann 1997, Stanišić's Wolf wurde 2023 veröffentlicht. Außerdem musste sie beim Bezirks- und Landesentscheid auch noch aus einem Fremdtext vorlesen.

Sie lese gerne Abenteuerbücher oder solche, in denen ein Fall zu lösen sei, sagt Luisa. Sie müssten spannend geschrieben sein. Wenn ein Buch sie richtig fesselt, „dann lese ich das manchmal auch an einem Tag“. Werde sie nicht berührt, ähnle das Lesen einer lästigen Pflichtaufgabe. Ob sie in ein Buch hineingezogen werde, entscheide sich zwar nicht nach zwei, aber zumindest nach 20 Seiten. Wenn sie die Lektüre begeistert, rege das auch die Fantasie an.

Bei den einzelnen Vorlese-Ausscheiden hat Luisa sehr bewusst den Buchausschnitt ausgewählt, den sie dann vorgestellt hat. „Es muss eine Szene sein, die sehr viel von der Geschichte erzählt, aber gleichzeitig nicht mit zu vielen Personen“, erklärt sie. Die Auswahl scheint ihr ebenso gelungen, wie die Präsentation. „Unsere Luisa las nicht nur ausgezeichnet vor, sondern hatte auch eine grandiose Einleitung, die uns einfach nur umgehauen hat“, schwärmen Mitschülerinnen, die dabei waren, nach dem Landesentscheid auf der Webseite der Schule. Was meinten sie damit? Sie habe keine gängige Einführung wie „Ich lese aus dem Buch soundso...“ gewählt, sondern sei mit Fragen eingestiegen. „Wann wird jemand zum Wolf?“, beispielsweise. Und was sei damit gemeint? Auch das hat ihr wahrscheinlich Pluspunkte gebracht. Die Performance ist ebenfalls nicht unwichtig beim Vorlesewettbewerb.

Bücher haben Luisa von Zglinicki seit frühester Kindheit begleitet, zunächst durch Vorlesen. Das erste Buch, das sich die heutige Vorleserin zumindest in Teilen selbst erschlossen hat, war „Die Schule der magischen Tiere“. Das Werk der Autorin Margit Auer gibt es inzwischen in zahlreichen Fortsetzungen und es ist noch immer bei Kindern beliebt.

Die Lust am Buch sei in ihrer Altersgruppe unterschiedlich groß, sagt die Zwölfjährige, deren Lieblingsfach übrigens Mathematik ist. Manche würden viel lesen, andere kaum. Sie selbst liebt es klassisch, also in gedruckter Form. Nicht als E-Reader oder in der Hörversion.

Klavier spielen nennt Luisa von Zglinicki als weiteres großes Interesse. Und vor allem Theater. Schauspielerin ist auch ihr aktueller Berufswunsch. Als Mitglied in der Theater-AG des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums steht sie zwei Tage vor dem Bundesfinale bei der Schulaufführung von „Alice im Wunderland“ auf der Bühne.

Und was bedeutet ihr das Zusammentreffen mit den besten Vorleserinnen und Vorlesern Deutschlands und sie ist eine von ihnen? Egal wie es ausgehe, es werde wahrscheinlich ein unvergesslicher Tag, sagt Luisa von Zglinicki.

Das Bundesfinale findet am 19. Juni ab 11 Uhr statt. Es kann per Livestream auf www.kika.de, in der ARD-Mediathek auf www.ardmediathek.de oder auf www.vorlesewettbewerb.de.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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