Was ist im Wahlkampf erlaubt?
Die BVV Reinickendorf diskutiert über Plakate, Schulveranstaltungen und eine Kaffeewette

Nur eine Spendenaktion oder versteckter Wahlkampf? Plakat mit den Konterfeis der Bürgermeister Brockhausen und Hikel für die Kaffeewette. | Foto:  Bezirksamt Reinickendorf
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  • Nur eine Spendenaktion oder versteckter Wahlkampf? Plakat mit den Konterfeis der Bürgermeister Brockhausen und Hikel für die Kaffeewette.
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Die Wiederholungswahl am 12. Februar dominierte über weite Strecken die Januar-Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf. Im Mittelpunkt standen mögliche oder vermeintliche Übertretungen, Ärgernisse und auch Kuriositäten im Wahlkampf.

Zu früh geklebt. Ab 2. Januar, null Uhr, durften Wahlplakate geklebt werden. Wie fast immer sollen einige Parteien schon früher mit der Wahlwerbung begonnen haben. Es handle sich dabei um eine Ordnungswidrigkeit, stellte die zuständige CDU-Stadträtin Julia Schrod-Thiel (CDU) fest. Wegen laufender Ermittlungen könne sie sich dazu nicht weiter äußern.

Die Grünen hatten in einer Anfrage die Partei der Stadträtin als Verdachtsfall genannt. Der AfD-Bezirksverordnete Sebastian Maack wiederum wollte schon vor Mitternacht Plakatkleber der Bündnispartei am Hermsdorfer Damm gesehen haben.

Auf frischer Tat ertappt wurde übrigens niemand. Das lag vor allem daran, dass der Außendienst des Ordnungsamtes am 1. Januar nicht im Einsatz war, wie Julia Schrod-Thiel mitteilte. Die Auszeit am Neujahrstag sei in der Amtszeit ihres Vorgängers so vereinbart worden und hätte noch immer in den Dienstplänen Bestand. Beim Vorgänger handelte es sich um den damaligen AfD-Stadtrat Sebastian Maack.

Im übrigen seien Wahlplakate offenbar nicht nur zu früh, sondern auch an unerlaubten Orten angebracht worden. Sie würden allesamt entfernt, wenn auch nicht gleichzeitig.

Schrille Töne. Beim Turmblasen vom Rathausbalkon am Silvesterabend hielt Bürgermeister Uwe Brockhausen (SPD) eine Neujahrsansprache. Die Rede sei durch Missfallenskundgebungen von Besuchern begleitet worden, weil sie als Wahlkampfansprache gewertet wurde, erklärte der Vorsitzende der CDU-Fraktion Marvin Schulz, der aber selber nicht anwesend war. Der so gerügte Bürgermeister erklärte, dass er wie zum Jahreswechsel üblich in seiner Rede einen Rückblick und Ausblick gegeben und dabei als Bürgermeister und nicht als Parteivertreter gesprochen habe. Er sei „deutlich neutraler als meine Vorgänger“ gewesen. Über den Umfang des Missfallens gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Der FDP-Fraktionsvorsitzende David Jahn berichtete auch von Böllern, die zu Beginn der Ansprache des Bürgermeisters gezündet worden waren.

Trotz solcher Dissonanzen schreibt sich die SPD die Wiederbelegung des Turmblasens in diesem Wahlkampf auf ihre Fahnen. Ihrer Führung im Rathaus sei es zu verdanken, dass diese Tradition jetzt wieder aufgelebt sei, hießt es in einer Mitteilung wenige Tage nach dem Ereignis. Die Veranstaltung war einst von der früheren CDU-Bürgermeisterin Marlies Wanjura zusammen mit dem Evangelischen Kirchenkreis ins Leben gerufen worden. Neben der Rede der Rathauschefin oder des Rathauschefs gehören ein Friedensgebet des Superintendenten und das Bläserspiel von Mitgliedern der Kirchengemeinden zum Programm. Unter Wanjuras Nachfolger Frank Balzer wurde die Veranstaltung abgesetzt. Jetzt werde diese von Marlies Wanjura begründete Idee wieder fortgesetzt, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Marco Käber. Silvester 2023 soll erneut geblasen werden.

Wahlkampf-Schule. Die Teilnahme einiger SPD-Politiker, darunter zunächst auch Uwe Brockhausen, an einer Veranstaltung in der Schäfersee-Grundschule rief wiederum die CDU-Bezirksverordnete Matea Krolo auf den Plan. Wie ein solcher Besuch in Wahlkampfzeiten zu bewerten sei, wollte sie wissen. Wenn Schulen zu Wahlkampfstätten einzelner Akteure werden, dann schade das der Einrichtung und „wir müssen aufpassen, dass wir den Schulfrieden schützen“, erklärte dazu Schulstadtrat Harald Muschner (CDU). Die SPD-Fraktion hielt sich in diesem Moment eher zurück.

Dass in Wahlkampfzeiten das Verhalten von Politikern sensibler als zu anderen Zeiten betrachtet wird, zeigt das Beispiel der sogenannten „Kaffeewette“ von Lebensmittelhändler Michael Lind zugunsten der Kältehilfe der Berliner Stadtmission. Zwischen 16. und 20. Januar gibt es die Möglichkeit, Kaffeepäckchen jeweils vom 8 bis 18 Uhr beim Pförtner im Rathaus am Eichborndamm abzugeben. Pro 100 gespendeter Päckchen gibt Lind 200 Euro dazu. Sowohl Uwe Brockhausen als auch sein Neuköllner Amtskollegen Martin Hikel (beide SPD) werben mit ihrem Konterfei für die Idee, wodurch die Aktion unter Wahlkampfverdacht geriet. Uwe Brockhausen wies indes daraufhin, dass er es einfach gut finde, wenn für die Kältehilfe gespendet werde und halte es auch für richtig, dafür zu Spenden aufzurufen. Außerdem sei der Initiator ein Reinickendorfer Unternehmer und die Kaffeewette gebe es schon seit drei Jahren in Neukölln. Damit die Menschen von der Kampagne Kenntnis bekamen, habe sie öffentlich gemacht werden müssen.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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