SPD strebt "Ampel"-Zählgemeinschaft an
Die Sitz- und Machtverhältnisse in Reinickendorf nach den BVV-Wahlen
Wird die CDU weiter den Bürgermeister im Bezirk stellen? Oder fällt der Posten an die SPD? Darum wird jetzt, wahrscheinlich auch ziemlich hart, verhandelt.
Trotz ihrer Verluste bleibe die Union weiter stärkste politische Kraft im Bezirk, erklärte der amtierende Rathauschef und CDU-Kreisvorsitzende Frank Balzer unmittelbar nach der Wahl. Seine Partei stelle mit 18 Bezirksverordneten erneut die größte Fraktion in der BVV. Außerdem entfielen auf sie drei der jetzt sechs Mandate im neuen Bezirksamt.
Es gebe deshalb einen klaren Wählerauftrag für die CDU, die führende Rolle in Reinickendorf fortzusetzen, ergänzte Balzer. Er werde deshalb das Gespräch mit SPD, Grünen und FDP suchen, mit dem Ziel, so schnell wie möglich ein arbeitsfähiges Bezirksamt mit Dr. Michael Wegner an der Spitze zu bilden.
Uwe Brockhausen, SPD-Bürgermeisterkandidat und derzeit Wirtschafts- und Gesundheitsstadtrat sieht die CDU wie die AfD als Wahlverlierer. Seine Partei habe in Reinickendorf um 2,4 Prozente so stark zugelegt wie in keinem andereren Bezirk. Einen noch stärkeren Zugewinn hatten nur die Grünen mit 3,9 Prozent. Auch die FDP konnte ihr Ergebnis leicht verbessern.
Brockhausen hatte schon vor der Wahl erklärt, mit Grünen und FDP auf Bezirksebene eine Zählgemeinschaft anzustreben. Dass er eine "Reinickendorfer Ampel" nach dem Vorbild auf Bundesebene wolle, bekräftigte er nach dem Wahlsonntag. Zusammen hätte eine solche Zählgemeinschaft 28 der 55 Sitze in der BVV. Das wäre eine hauchdünne Mehrheit.
Grüne und FDP sind also auch im Bezirk die Königsmacher. Für wen sich seine Partei entscheide sei noch nicht entschieden, erklärte der neue FDP-Fraktionsvorsitzende David Jahn. Er formulierte aber einige sowohl inhaltliche und formale Bedingungen. Ein Schwerpunkt seiner Partei sei der Wohnungsbau, machte Jahn deutlich. Der Bezirk sei bisher Schlusslicht bei Neubauten. In den kommenden fünf Jahren müssten 12 000 weitere Wohnungen entstehen.
Ebenfalls ganz oben stehe die Sanierung und bessere digitale Ausstattung der Schulen. Auch benötige Reinickendorf Ost dringend einen Schulneubau.
Dazu komme das Thema "Sauberer Bezirk". Hier vor allem ein schnelleres und härteres Vorgehen gegen illegale Müllentsorgung und deren Verursacher.
Als formale Voraussetzungen für eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit nennt David Jahn zwei Punkte. Zum einen müsse die FDP für eine Mehrheit wirklich gebraucht und ihr auf Augenhöhe begegnet werden. Außerdem werde seine Partei bei keinem Bündnis mitmachen, das auf Stimmen der AfD angewiesen sei.
Wer Rathauschef wird ist nicht zuletzt wegen der künftigen Konstellation im Bezirksamt eine entscheidende Frage. Neben den drei Vertretern der CDU, gibt es dort künftig zwei von der SPD sowie einen Stadtratsposten, den die Grünen stellen. Es könnte also möglicherweise zu Pattsituationen kommen. Dann gäbe die Stimme des Bürgermeisters den Ausschlag. Schon deshalb ist es nicht unwichtig, welche Partei diesen Posten besetzt.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.