Interview zum Jahresanfang 2024
Emine Demirbüken-Wegner (CDU) über ihre Wahl zur Bürgermeisterin, "sozialen Kahlschlag" und neue Herausforderungen
Emine Demirbüken-Wegner (CDU) ist seit 19. April vergangenen Jahres Bürgermeisterin von Reinickendorf. In ihrem Amt hat sie seither eigene Schwerpunkte gesetzt und ist gleichzeitig mit den aktuellen Belastungen konfrontiert.
Frau Demirbüken-Wegner, mit welchen Gefühlen blicken Sie auf das zurückliegende Jahr zurück?
Emine Demirbüken Wegner: Vor allem mit großer Dankbarkeit für die wunderbare Unterstützung, die mir seit meinem Amtsantritt als Bezirksbürgermeisterin zuteilwurde. Das ist Ansporn und Bestätigung für mich. Zugleich veranschaulichten die vergangenen Monate, wie schnell – angesichts der Flut der Ereignisse und der Fülle an Herausforderungen – nicht nur dieses Jahr vergeht, sondern auch die Legislaturperiode voranschreitet.
Was waren für Sie die wichtigsten Momente und Ereignisse sowohl persönlich als auch beruflich?
Emine Demirbüken Wegner: Im privaten Bereich hat es mich sehr berührt, dass meine Töchter wichtige Prüfungen ihrer Ausbildung bewältigt haben. Zugleich bin ich meiner Familie unendlich dankbar, wie wir zusammenhalten, obwohl ich als Bürgermeisterin häufig unterwegs bin.
Dabei ist es mir natürlich wichtig, dass die Bezirksverwaltung seit der Wiederholungswahl vom Februar wieder CDU-geführt ist. Dass mit mir dabei nach Marlies Wanjura erst zum zweiten Mal eine Frau das Rathaus Reinickendorf führt und zum ersten Mal jemand mit Migrationshintergrund, unterstreicht diese Bedeutung zusätzlich.
Was hat Sie positiv überrascht, was negativ?
Emine Demirbüken Wegner: Immer wieder überwältigt bin ich vom Zusammenhalt und dem Engagement, mit dem sowohl die Reinickendorfer Bürgergesellschaft als auch die Wirtschaft auf alle Herausforderungen reagieren. Unser Gemeinwesen ist ohne deren Mitarbeit und ohne den Einsatz von so vielen ehrenamtlich tätigen Frauen und Männern nicht vorstellbar.
Weniger überrascht, aber sehr dankbar aufgenommen habe ich das positive Echo auf die Schaffung der Stelle einer beziehungsweise eines Einsamkeitsbeauftragten in unserer Bezirksverwaltung. Für diesen bundesweit bislang einzigartigen Schritt erhalten wir sehr viel Zuspruch – und das ist sehr ermutigend, weil das Thema so wichtig ist. Auch die Resonanz auf unsere Initiative, Schulen und Wirtschaft enger zu verzahnen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen, ist sehr erfreulich.
So gut läuft es freilich nicht auf allen Themenfeldern. Bei der Integration der in den beiden Ankunftszentren in Reinickendorf untergekommenen Menschen stößt die Infrastruktur und Leistungsfähigkeit unseres Bezirks klar an Grenzen. Bei aller Hilfsbereitschaft der Reinickendorferinnen und Reinickendorfer.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für Reinickendorf im Jahr 2024?
Emine Demirbüken Wegner: Das von der Ampel auf Bundesebene verursachte Finanzchaos kann uns auch auf Bezirksebene nicht kaltlassen. Die fehlenden Milliarden werden auch auf Landes- und kommunaler Ebene zu spüren sein. In diesem Zusammenhang zu versuchen, Geld bei den Bezirken zu sammeln, weil Stellen nicht besetzt werden konnten, davor kann ich nur warnen. Die Arbeit fällt ja trotzdem an und muss bewältigt werden. Neben fehlendem Personal dann noch das Geld abzuziehen, ist der falsche Ansatz und gefährdet wichtige bezirkliche Angebote beispielsweise im Jugend- und Seniorenbereich.
Was sind Ihre Wünsche für dieses Jahr?
Emine Demirbüken Wegner: Ich wünsche uns allen natürlich das Wichtigste: Frieden und Gesundheit. Das ist die Basis für alles, was wir durch unsere tägliche Arbeit selbst beeinflussen können. Darüber hinaus wünsche ich mir, dass wir in Berlin trotz der aufgeheizten Weltlage unseren Zusammenhalt stärken und das Gemeinsame betonen. Für Reinickendorf wünsche ich mir vor allem den berlinweiten Respekt und die Anerkennung, was unser Bezirk und seine Bewohnerinnen und Bewohner leisten, um die Tausenden geflüchteten Menschen bestmöglich mit allem Nötigen zu versorgen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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