Jahresinterview mit Bürgermeister Uwe Brockhausen
„Gemeinsam sind wir stark“
Seit gut einem Jahr ist Uwe Brockhausen (SPD) Bürgermeister von Reinickendorf. Passiert ist seither eine Menge und vieles, womit auch er nicht rechnen konnte.
Wie sieht ihr Resümee 2022 aus?
Uwe Brockhausen: Wir haben bereits im ersten Jahr eine Menge auf den Weg gebracht und neue Schwerpunkte für die Zukunft in unserem Bezirk gesetzt. Gleichzeitig gab es große Herausforderungen. Die Pandemie hat uns weiter beschäftigt. Und vor allem der Krieg gegen die Ukraine, die furchtbaren Auswirkungen des russischen Angriffskrieges und die Versorgung der Geflüchteten haben uns gefordert. Reinickendorf war für viele Menschen die erste Anlaufstelle. Zunächst im Ankunftszentrum auf dem Gelände der ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Nervenheilanstalt, danach auf dem Flughafen Tegel. Und es gab im Bezirk eine große Solidarität und Hilfe, für die ich sehr dankbar bin. Ich sage es auch gerne an dieser Stelle, gemeinsam sind wir stark.
Was hat Sie im vergangenen Jahr besonders überrascht?
Uwe Brockhausen: Sehr gefreut hat mich der große Zuspruch für eine neue Politik im Reinickendorfer Rathaus und auch für meine Person. Das bedeutet für mich weiteren Ansporn. Wir haben noch viel vor, um Reinickendorf in den nächsten Jahren voranzubringen.
Was ist Ihnen negativ in Erinnerung geblieben?
Uwe Brockhausen: Negativ empfand ich, dass sich die Auseinandersetzungen in der BVV verhärtet haben. Speziell mache ich das zum Beispiel daran fest, dass jenseits der Parteien der Reinickendorfer Ampel es trotz Zugeständnissen leider nicht möglich war, den Haushalt im Konsens zu verabschieden und damit gemeinsam Verantwortung für Reinickendorf zu übernehmen. Ich würde mich freuen, wenn es künftig gelingt, über die Partei- und Fraktionsgrenzen hinaus Politik für unseren Bezirk machen zu können.
Die Themen Ukraine und Corona haben Sie schon angesprochen. Was war darüber hinaus besonders wichtig?
Uwe Brockhausen: Natürlich war es zu Anfang der Legislaturperiode wichtig, das Rathaus schnell neu zu organisieren und Schwerpunkte für die Zukunft zu setzen. Wir müssen nicht nur die Krisen meistern, sondern gleichzeitig unsere Zukunft organisieren. Wir haben insbesondere für unsere sozialen Brennpunktbereiche in Reinickendorf Handlungsprogramme beschlossen, einen Runden Tisch für mehr bezahlbaren Wohnungsraum eingerichtet, aber auch Zukunftsthemen wie dem Klima- und Umweltschutz und der Verkehrswende neues Gewicht im Rathaus gegeben.
Welche Vorhaben sind gelungen, an welcher Stelle hätten Sie noch mehr erwartet?
Uwe Brockhausen: Reinickendorf hat riesige Potentiale und Chancen, eine richtige Zukunftswerkstatt für Berlin zu werden. Mein Ziel war und ist es, beim Thema Werbung und Präsentation unseres Bezirks mehr zu leisten. Hier sind wir schon sehr weit vorangekommen wie zum Beispiel in Form der neuen Standortkampagne „Kurs Nordwest“, an der sich zahlreiche Unternehmen beteiligen. Im Rahmen der Kampagne gibt es sogar Reklame für Reinickendorf an der Avus-Tribüne. Ich möchte auch unser Wappentier auf öffentlichen Straßen und Grünflächen stärker in den Vordergrund rücken und dazu aus Citytax-Mitteln künstlerisch gestaltete Skulpturen unseres Fuchses als Werbeträger in den Ortsteilen unseres Bezirks aufstellen. Das wäre eine richtige Sympathiewerbung für unseren Bezirk, die mit Sicherheit große öffentliche Beachtung finden wird.
Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass wir mit der Nachnutzung des Flughafens Tegel längst „ein Jahrzehnt“ weiter wären. Denn eigentlich sollte ja diese Nachnutzung schon 2011 starten. Wirklich begonnen hat sie aber wegen der unglaublichen Verzögerungen beim BER im Grunde genommen erst jetzt. Bei der Nachnutzung des Flughafengeländes und der Urban Tech Republik handelt es sich um das größte Infrastrukturprojekt in der Region Berlin-Brandenburg. Bereits jetzt haben sich dort die ersten Start-ups angesiedelt. Wir werden daran noch große Freude haben.
Was steht 2023 besonders auf der Agenda?
Uwe Brockhausen: Die Krisensituation wird uns weiter beschäftigen. Wir werden sie bewältigen, wenn wir uns auf eigene Stärken fokussieren, vor allem auf den Zusammenhalt. Gemeinsam sind wir stark. Dies ist deshalb meine Devise und mein Appell. Wenn wir das beherzigen, bin ich optimistisch, dass wir die Krisen meistern. Wir wollen unseren neuen Weg konsequent fortsetzen und müssen unsere Zukunft anpacken. Daher werden wir unsere Schwerpunkte natürlich in den sozialen Brennpunkten, beim Wohnungsneubau oder bei besseren Serviceleistungen im Rathaus, dem Klima- und Umweltschutz und für eine bessere Verkehrspolitik setzen.
Am 12. Februar wird auch die BVV-Wahl wiederholt. Wie bewerten Sie diese Entscheidung und wie sehen Sie diesem Tag entgegen?
Uwe Brockhausen: Das Berliner Verfassungsgericht hat die Konsequenzen aus den Wahlpannen gezogen. Nun muss mit höchster Priorität daran gearbeitet werden, dass die Wahlwiederholung reibungslos läuft.
Angesichts des Zuspruchs aus der Reinickendorfer Bevölkerung bin ich zuversichtlich, dass sich unsere gute Arbeit auch im Wahlergebnis niederschlägt. Wir haben vor mehr als einem Jahr eine Reinickendorfer Ampel aus SPD, B’90/Grüne und FDP für einen politischen Neuanfang gebildet und seither neue Schwerpunkte gesetzt. Wie wahrscheinlich auch von außen zu beobachten ist, funktioniert dieses Bündnis sehr gut. Jede Fraktion kann ihre Themen setzen, gleichzeitig wurde die gemeinsame Richtung deutlich. Mein Ziel ist, diese Arbeit in Reinickendorf fortzusetzen.
Welche Wünsche haben Sie für den Bezirk und persönlich für dieses Jahr?
Uwe Brockhausen: Insgesamt wünsche ich mir, dass wir alle ein Jahr ohne größere Krisen erleben und unsere Zukunft gemeinsam anpacken können. Und ich wünsche mir persönlich das, was ich allen wünsche, nämlich Gesundheit, Glück und Erfolg im neuen Jahr.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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