Hickhack um Nicht-Wahl der CDU-Politikerin Emine Demirbüken-Wegner
Gewerbetreibende, Verbände und Privatpersonen fordern Ende der Blockade bei Besetzung des Bezirksamtes
Die Überschriften lauten "Dringender Appell", "Offener Aufruf zu demokratischem Verhalten" oder "Sorge um Demokratiezerfall in Reinickendorf". In der Forderung sind sich die Schreiben der unterschiedlichen Absender einig: Das Wahlhickhack um die drei noch ausstehenden Stadtratsposten muss enden.
Vereine und Organisationen, Gewerbetreibende, Stimmen aus dem Sport und Sozialbereich und auch Einzelpersonen wünschen sich, dass das Bezirksamt sich endlich in voller Stärke vielen wichtigen Aufgaben widmen kann. Wie mehrfach berichtet hat die von der CDU als stellvertretende Bürgermeisterin sowie als Stadträtin für Soziales und Bürgerdienste nominierte Emine Demirbüken-Wegner bisher keine Mehrheit in der Bezirksverordnetenversammlung bekommen.
Erneute Wahlchance am 12. Januar
Die nächste Chance besteht auf der BVV-Sitzung am 12. Januar. Der CDU-Politikern wird von Mitgliedern des Mehrheitsbündnisses "Reinickendorfer Ampel" vor allem eine Bildmontage zur Last gelegt, die sich gegen einen MUF-Standort am Paracelsusbad wendet. Diese Agitation wurde als populistisch und fremdenfeindlich gebrandmarkt. Die Union stellte ihre beiden weiteren Bewerber danach nicht mehr zur Wahl, obwohl sie mit der Zustimmung der Ampelkoalitionäre hätten rechnen können, erklärten SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP.
Wer ist hier fremdenfeindlich?
Die Vorwürfe von Rot-Grün-Gelb gegen die CDU-Politikern halten aber selbst Verbände oder Personen mit sogenanntem Migrationshintergrund, für falsch. Der "Türkische Verein für Wissenschaft, Kultur und Sozialarbeit" (TÜBIKS), nach Angaben seines Vorsitzenden Mehmet Ali Dönmez eine Vereinigung türkischstämmiger Akademiker mit sozialer und sozialdemokratischer Ausrichtung. Er erinnert unter anderem an das Wirken von Demirbüken-Wegner als Integrationsbeauftragte im damaligen Bezirk Schöneberg. Die Anerkennung zahlreicher Migrantengruppen für ihre Arbeit wäre ihr bis heute sicher. Schon deshalb sei es nicht akzeptabel und "eine krasse Fehldeutung", sie öffentlich als fremdenfeindlich darzustellen. Ähnlich klingt das im "Aufruf" von Suat Bakir, stellvertretender Vorsitzender der Deutsch-Türkischen Wirtschaftsvereinigung. Die Vorwürfe hält er für "hanebüchen". "
Wir befürchten, dass Ihre Streitereien ab einem gewissen Zeitpunkt die Diskussion in eine Richtung lenkt, die viele Bemühungen um Integration zunichte macht", wird in einem Brief formuliert, der mit "Reinickendorfer Unternehmer*innen" unterzeichnet ist. "Diesem Vorwurf will sich niemand von uns und sicherlich auch nicht von Ihnen ausgesetzt sehen", lautet der folgende Satz.
Unterstützung von Reinickendorfer Unternehmern
Das Schreiben der Unternehmer gab es in doppelter Ausfertigung. Es kam zum einen aus Reinickendorf-West, wo 81 Unterstützer verzeichnet waren und aus Frohnau mit 26 Unterschriften oder Signaturen. Vertreten sind Gewerbetreibende unterschiedlichster Branchen von Apotheken über Autohäuser, Bäckereien, Gaststätten, Malerbetriebe oder Schreibwarenläden.
Alle Politiker wählbar
Die Unterzeichner fordern angesichts der schwierigen Lage vieler Betriebe in Pandemiezeiten Arbeitsfähigkeit auch in der Bezirkspolitik ein. Keinen der bereits gewählten oder nominierten Bezirksamtspolitiker sehen sie als nicht wählbar an. "Weder halten wir einen auch für die Wirtschaft zuständigen SPD-Bürgermeister für inkompetent, noch bedeutet eine grüne Bau- und Wohnungsstadträtin den Untergang des Bezirks." Auch ein junger Gesundheitsstadtrat werde für befähigt gehalten, in diesen Zeiten die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das habe aber ebenso für eine "seit mehr als 30 Jahren im öffentlichen Dienst, beziehungsweise in einer demokratischen Partei tätigen Frau" zu gelten.
Wie fast alle Beispiele schließt auch dieser Brief mit der Forderung, den Parteienstreit, hier unter anderem als "Klein-Klein idiotischer Personaldiskussion bezeichnet", zu beenden.
Kampagne der CDU?
Die Ampelparteien haben auf die Schreiben inzwischen mit einer Antwort reagiert. Dort wird hinter der Petitionskampagne auch eine Orchestrierung durch die CDU vermutet. Manche, die sich zu Wort gemeldet hätten, wären zumindest in deren Umfeld anzusiedeln. Außerdem verfüge die Union in Reinickendorf über ein dichtes Netzwerk.
Zu fragen sei außerdem, ob manche Verbandsvertreter wirklich für ihre gesamte Organisation sprechen würden, wurde ebenfalls vorgebracht. Und einige Vorwürfe seien auch falsch. Niemand wolle beispielsweise der CDU ihre Stadtratsposten verweigern. Ob die Bewerber dafür aber gewählt werden, liege in der freien Entscheidung jedes Bezirksverordneten.
Auch von Seiten der Reinickendorfer Ampel wird das Interesse an einem vollständig besetzten Bezirksamt betont. Ob es dazu kommt, wird sich bei der nächsten BVV-Sitzung am 12. Januar zeigen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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